Eine „Pflegerin
wichtigster evangelischer und deutscher Lebensinteressen“.
Die Wiener Evangelisch-theologische
Fakultät und ihre Bedeutung für den Protestantismus in Galizien*
von
Karl W. Schwarz (Wien)
Zwei Beiträge habe ich bisher im Zeitweiser veröffentlichen
können: 1994 über den Osteuropa-Historiker Hans Koch (1894-1959)[1],
2007 über den Religionspädagogen und Dichter Franz Fischer (1895-1975)[2].
Diese beiden Zeitgenossen verband aber nicht nur die Herkunft aus Galizien, Koch stammte aus Lemberg, Fischer aus Dobrzanica bei Unterwalden
auf der Podolischen Platte, es verband sie auch der Ort ihres Studiums: beide
begannen ihre Berufslaufbahn mit einem Studium an der Evangelisch-theologischen
Fakultät in Wien.
Die Bedeutung dieser Fakultät für die Protestanten in Ost-
und Südostmitteleuropa habe ich schon wiederholt dargestellt[3],
hier soll gezielt danach gefragt werden, welche Ausstrahlung sie auf den
Protestantismus in Galizien zeitigte.
Zunächst aber gilt
es, den Protestantismus in Galizien zu umreißen[4].
In einem zweiten Schritt werde ich einige Eckdaten zur Geschichte der Fakultät
geben und in einem dritten Schritt einige aus Galizien stammende Persönlichkeiten
benennen, die mit der Fakultät in besonderer Weise verbunden waren.
I.
Der Protestantismus in Galizien
Galizien war bei
der ersten Teilung Polens 1772 an Österreich gefallen und als Königreich
Galizien und Lodomerien dem österreichischen Kaiserstaat angegliedert worden.
Der ungarische König trug in seinem großen Titel auch dessen Königstitel: Rex Galiciae et Lodomeriae (in der
Erinnerung an König Andreas im 12. Jahrhundert), später auch der
österreichische Kaiser.
Galizien und
Lodomerien, das war ein Landstrich von ca. 84.000 Quadratkilometern, mit etwa
2,6 Mill. Einwohner (Militärkonskription von 1776), Polen, Deutsche, Ruthenen,
Armenier, Juden. Bei der dritten Teilung Polens kamen noch 47.000
Quadratkilometer hinzu: das sogenannte Neu- oder Westgalizien. Das Gebiet war
stark verödet, weshalb unter dem 1. Oktober 1774 Kolonisten aus Deutschland
angeworben wurden, hauptsächlich Katholiken. Protestanten durften sich nur in
vier Städten niederlassen: Lemberg, Jaroslau, Zamość und Zaleszczyki[5],
später kam noch Kazimierz und Brody dazu, die eine vereinigte Gemeinde mit Sitz
in Lemberg bildeten. Unter Joseph II. wurden auch vermehrt
Protestanten berücksichtigt[6].
1784 kam es zu einer größeren Auswanderungswelle aus der Pfalz, wo vorher
Überschwemmungen wüteten und viele Bauern ruinierten. 15.000 Pfälzer Exulanten
sind damals nach Galizien gewandert und haben sich in diesem Landstrich
ansiedeln lassen, davon waren 60% evangelischer Konfession, Lutheraner und
Reformierte.
Schon vor dem
josefinischen Toleranzpatent (1781) bestanden zwei Gemeinden, denn die Habsburger hatten bei der Übernahme
dieses Königreiches die Religionsfreiheitsgarantien des Warschauer Traktates
(1768) zugunsten der Orthodoxen und der Dissidenten bestätigen müssen[7]. Zu
diesen zwei Gemeinden gesellten sich im
josefinischen Jahrzehnt 21 Neugründungen hinzu[8],
die in vier Seniorate gegliedert waren, das westliche Seniorat, das mittlere
Seniorat, das östliche Seniorat und schließlich das Helvetische Seniorat (H.B.)[9].
Die ältesten
evangelischen Gemeinden Galiziens waren freilich jene in der Grenzstadt Biala[10]
und in dem benachbarten Lipnik-Kunzendorf, deren Anfänge in die
Reformationszeit reichen, durch die Gegenreformation allerdings unterbrochen
wurden[11],
sowie jene in Zaleszczyki[12],
am östlichen Grenzfluss Dniestr gelegen.
Unter den von Joseph II. eingeladenen Siedlern befanden sich auch etwa dreißig mennonitische
Familien, ca. 130 Personen[13], deren
täuferische Tradition auf Menno Simons (1496-1561)
zurückging. Sie fielen durch ihr programmatisches Laienpriestertum auf, weiters
durch ihre Ablehnung der Kindertaufe, des Militärdienstes und der
Eidesleistung. Sie beriefen sich auf die Heilige Schrift und versuchten ein
konsequentes Leben in der Nachfolge Jesu zu führen. Durch ihre Ablehnung der
Kindertaufe stellten sie sich gegen ein Fundamentalgesetz der damaligen
Gesellschaft und wurden sowohl von den altgläubigen Katholiken als auch von den
neugläubigen Protestanten in gleicher Weise verfolgt. Am ehesten konnten sie in
den Schweizer Alpen versteckt überdauern, in Holland und in der freien
Reichsstadt Straßburg, wo sich diese Täufer (Anabaptisten/Wiedertäufer wurden
sie von Luther geschimpft)
niederließen, zeitweise siedelten sie auch in Mähren („Hutterer“), wo sich die Familie Liechtenstein ihrer annahm. Weil sie im Hl. Römischen Reich deutscher Nation überall
verfolgt wurden und weil das Reichsreligionsrecht ihr Glaubensbekenntnis
(Schleitheimer Bekenntnis von 1527) nicht schützte, wichen sie in Territorien
außerhalb des Reiches aus, nach Preußen, an der Weichselmündung. Und auch bei
der Besiedelung Galiziens nahm sie Kaiser Joseph II. ausdrücklich (und
gegen den Widerstand der Hofkanzlei) auf und erlaubte ihnen, sich in
Falkenstein, Einsiedel und Rosenberg anzusiedeln.
In dem vermutlich
um 1805 angelegten Familienbuch der Mennoniten heißt es dazu[14]:
„Im Jahr 1780 hat der huldreiche Kaiser Joseph
II. ein Patent ausgesendet, dass deutsche Familien in Ungarn und Polen oder
Galizien anzusiedeln sein Wunsch wäre. So haben die Mennoniten auch hierwegen
die untertänigste Anfrage getan, und haben von dem allerdurchlauchtigsten
Monarchen das genehmigte gütliche Annahmedekret erhalten. Hierauf sind im Jahr
1784 und 1785 aus verschiedenen Gegenden des deutschen Reiches, aus der Schweiz
abstammend, 28 Familien nach Galizien eingewandert, und davon sind in
Falkenstein sieben, in Einsiedel 18, und in Rosenberg drei Familien angesiedelt
worden und wohnhaft.“
Diese erwiesen sich
als ausgezeichnete Fachleute für die Landwirtschaft, ihre Tüchtigkeit wurde
schon von den Zeitgenossen in Galizien gerühmt. Deshalb erhielten sie sogar einzelne
Privilegien, die mit ihrem religiösen Bewusstsein zusammenhingen. Sie wurden
von der Rekrutierungspflicht befreit, mussten dafür allerdings ein sog.
Milizgeld, eine Militär-Ersatz-Steuer entrichten. Sie wurden auch von der
Eidespflicht entbunden. Ein allerhöchster landesfürstlicher Erlass stellte 1815
klar, dass ihre mit Handschlag bekräftigte Aussage einer Beeidigung
gleichzusetzen sei, eine Rechtsbestimmung, die heute noch in Österreich in
Kraft ist. Die Mennonitische Secte,
wie die Bezeichnung durch die zeitgenössische Verwaltung lautete, wurde
institutionell der evangelischen Superintendenz A.u.H.B. angegliedert. In einem
Hofkanzleidekret aus dem Jahre 1789 heißt es[15]:
Die Mennoniten sollen „weil ihre Secte
nicht öffentlich, sondern nur stillschweigend toleriert ist, als Lutheraner
betrachtet und in dem diesfälligen Ausweis unter der für die letzteren
bestimmten Rubrik angeführt werden (…)“. Sie wurden somit dem Pastorat von Dornfeld
zugeordnet, bei dessen Besoldung sie mitzuwirken verpflichtet waren. Daraus
sind unerquickliche Streitigkeiten erwachsen, die erst abgestellt werden
konnten, als auf diese finanzielle Beteiligung verzichtet wurde. Es wurde ihnen
allerdings verboten, für ihre Glaubenshaltung zu werben, sie durften auch keine
konfessionellen Mischehen mit Katholiken und Protestanten eingehen.
Das Eherecht und
die religiöse Kindererziehung war ein ständiger Anlass für Konflikte zwischen
den Kirchen. Die Protestanten beriefen sich auf die Religionsbestimmungen des
Warschauer Traktates[16],
der eine paritätische Kindererziehung vorsah – nach dem Grundsatz „sexus sexum sequitur“: Knaben nach der
Konfession des Vaters, Mädchen nach jener der Mutter. Die Katholiken beriefen
sich hingegen auf das josefinische Toleranzpatent von 1781, das ihnen eine
bevorrechtigte Stellung einräumte und bei einem katholischen Vater alle Kinder
in dessen Konfession zu erziehen vorschrieb[17]. Außerdem
hatte der Warschauer Traktat den Nicht-unierten Griechen, so wurden die
Griechisch-Orthodoxen in der Kanzleisprache genannt, und den Protestanten ein
öffentliches Religionsexerzitium eingeräumt, das die Parochialrechte umfasste, also
die Standes- und Matrikenführung durch dieselben vorsah. Nach dem
Toleranzpatent wurde die günstigere Rechtsstellung der Protestanten sukzessive
zurückgenommen und das Mischehe- und Kindererziehungsrecht in der für die
Akatholiken ungünstigeren Fassung bestätigt, wie sie das Toleranzpatent vorsah
(ABGB 1795/1812).
Diese Konflikte
zermürbten die Superintendenten, die einen außerordentlich weitläufigen
Aufsichtsbereich zu visitieren hatten. Die Gemeinden in Galizien, die nach dem
Toleranzpatent 1784 zuerst an die Mährisch-Schlesische Superintendentur in
Teschen angeschlossen worden waren, bildeten seit 1804 eine eigene
Superintendenz A.u.H.B., zu der auch die Gemeinden in der Bukowina dazu
geschlagen wurden.
Es war eine
extreme Diasporalage, die von ihnen dokumentiert wurde[18].
Die Feststellung der „Seelenzahlen“ gehörte zu den regelmäßigen
Visitationsreisen dazu. Sie waren so aufwändig und anstrengend, dass die ersten
Oberhirten schon nach kurzer Wirkungszeit verstarben. Ich nenne ihren Namen,
wobei aus den Lebensdaten die kurze Wirkungszeit zu entnehmen ist. Die ersten
drei stammten aus der Zips: Josef Paulini (1770-1806), Samuel Bredetzky (1772-1812) und Samuel
Fuchs (1770-1817). Dann folgten zwei Sachsen: Friedrich
Wilhelm Stockmann (1788-1831) und Adolf
Theodor Haase (1802-1870). Erst den zuletzt Genannten
war ein längeres Wirken als Superintendent in Lemberg (1818-1831; 1835-1870)
vergönnt, Letzterer war seit 1861 auch Mitglied des Herrenhauses in Wien. Hans Koch hat ihm, seinem Sohn Karl Theodor (1834-1909) und
seinem Enkel Wolfgang (1870-1939) eine
berührende Erzählung „Ein
hohepriesterliches Geschlecht“ gewidmet[19],
das sich mit Stolz auf den kursächsischen Kanzler Christian
Beyer (1482-1535) zurückführte. Von diesem ist
bekannt, dass er 1530 vor Kaiser und Reich die Confessio Augustana in deutscher Sprache vorgetragen hat.
Bredetzky hatte an den kirchlichen Lyzeen
in Ungarn seine Ausbildung genommen, ehe er 1796 an die Salana nach Jena
wechselte[20],
wo er einen umfassenden theologischen Studiengang absolvierte. Er hatte später die
erste „Seelenzählung“ durchgeführt und in den 17 lutherischen Pastoraten 2181
Familien mit insgesamt 11.913 Personen registriert, dazu kamen in zwei reformierten Gemeinden 59
Familien bzw. 534 Personen dazu[21].
Er widmete sich auch geographischen[22]
und ethnologischen Studien und verfasste einschlägige Untersuchungen, die zur
Standardliteratur über Galizien zählen[23],
als Reiseschriftsteller ist er nicht vergessen[24].
1846 wurden knapp
50.000 Deutsche geschätzt, das war knapp 1% der Bevölkerung, darunter befanden
sich 24.000 Evangelische[25],
bis zum Jahre 1910 stieg diese Zahl der Evangelischen auf über 37.000.
II.
Zur Geschichte
der Evangelisch-theologischen Fakultät in Wien
Mit der Frage,
woher die Gemeinden ihre Pastoren holten, leite ich zum zweiten Teil des
Vortrags über.
In den ersten
Jahren kamen die Pastoren überwiegend aus Deutschland, aus Polen oder aus
Ungarn. Am Beispiel der ersten drei aus der Zips stammenden Superintendenten
kann gezeigt werden, dass zum Curriculum eines evangelischen Theologen im
Königreich Ungarn nicht nur der häufige Schulwechsel gehörte, um alle
landesüblichen Sprachen zu erlernen, sondern auch der Schulbesuch der
kirchlichen Lyceen, an deren Oberstufe neben der Philosophie auch die
biblischen Sprachen gelehrt und eine theologische Propädeutik angeboten wurden[26]. Solche Lyceen bestanden für die Lutheraner in
Pressburg/Pozsony/Bratislava, in Ödenburg/Sopron und in Eperies/Prešov; die
Reformierte Kirche besaß ebenfalls in allen Distrikten sogenannte Kollegien,
deren bekannteste jene in Sárospatak, Debrecen und Pápa gewesen sind. Der Organisationsgrad des
theologischen Ausbildungsganges war sehr unterschiedlich und reichte von einem
einzelnen Lehrstuhl aufwärts – bis zu
einer vollzähligen Ausstattung aller theologischen Disziplinen.
Es folgte in der Regel eine mehrjährige Phase
pastoralen oder pädagogischen Wirkens, um dann einen Universitätsbesuch in
Deutschland anzuschließen und das Studium abzurunden. Die Slawen der
Donaumonarchie bevorzugten die Universität Jena[27],
die Ungarn und Siebenbürger Sachsen hingegen Tübingen[28],
die reformierten Magyaren Halle, Heidelberg, eine holländische Universität
(Utrecht, Franeker) oder Edinburgh. Die Deutschungarn frequentierten alle
Hochschulen, richteten sich nach den gegebenen Stipendien und Freitischen.
Dieses Auslandsstudium wurde seit dem Wartburgfest
1817 vom Polizeistaat des Vormärz mit Sorge beobachtet. Die Furcht vor revolutionären Regungen wurde gespeist durch den
Umstand, dass am 23. März 1819 einer der Organisatoren des Wartburgfestes, Karl Ludwig
Sand (1795-1820) den in russischen Diensten stehenden
Schriftsteller August
von Kotzebue (1761-1819) ermordete und damit in Deutschland den „ersten
Fall eines politischen Attentats aus Überzeugung“ verübte[29]. Dies veranlasste den
Fürsten Clemens
Wenzel Lothar Metternich (1773-1859) zu einer Politik der
herabgezogenen Grenzbalken, um ein Einsickern des „verderblichen“ Freisinns von
deutschen Universitäten zu verhindern und „... jeder
möglichen Beirrung der Gemüter vor[zu]beugen“[30].
Die österreichische Unterrichtsverwaltung reagierte also verschreckt, indem sie
den Besuch der deutschen Universitäten kurzerhand untersagte und die im Ausland
befindlichen Studenten zurückberief[31].
Eine Wallfahrt
des österreichischen Kaisers Franz mit großem Gefolge nach Rom 1819 sollte
zudem einen Gegenakzent zum Wartburgfest setzen und dem Protestantismus und
Nationalismus von 1817 ein Bekenntnis Österreichs zum Katholizismus und
Universalismus entgegensetzen[32].
Als Alternative zum nunmehr untersagten Auslandsstudium
ordnete eine kaiserliche Entschließung vom 25. September 1819 den Aufbau eines
„vollständigen protestantisch-theologischen
Studiums für die Augsburgische und Helvetische Konfession – getrennt von der
Universität“ in Wien an, das schließlich am 2. April 1821 im Schulhof in
der Innenstadt eröffnet wurde[33].
Diese Lokalität erwies sich allerdings schon sehr bald als zu klein, sodass die
Lehranstalt mit ihren 39 immatrikulierten Studenten[34]
(überwiegend aus Ungarn und Siebenbürgen) schon innerhalb des ersten
Studienjahres in das Palais des Fürsten Palm übersiedelte, ein Gebäude, das
heute nicht mehr existiert (Schenkenstraße 7/Bankgasse 10), aber schräg
gegenüber dem gegenwärtigen Fakultätsgebäude in der Schenkenstraße situiert
war.
Mit dieser Lehranstalt verband man nicht nur die
Aufgabe, den geistlichen Nachwuchs auszubilden, sondern vor allem als
Integrationsfaktor den äußerst vielgestaltigen und multiethnischen
Protestantismus im Sinne eines habsburgischen Reichsbewusstseins zu prägen,
eine Aufgabe, die so schwierig war wie die Quadratur des Kreises.
Die protestantischen Kirchen in den habsburgischen
Ländern bildeten nie eine Einheit, sondern wiesen große Unterschiede in ihrem
Umfang und ihrer Rechtsgrundlage auf. Aus einer Statistik gegen Ende der
Toleranzzeit (ca. 1846) kennen wir folgende Zahlen:
·
Da
waren einmal die seit 1781 bestehenden akatholischen Toleranzgemeinden in den
kaiserlichen Erblanden, die statistisch gesehen kaum ins Gewicht fielen [50.000
A.B., 4.500 H.B.],
·
die
deutschen, tschechischen und polnischen Toleranzgemeinden in Böhmen, Mähren und
Schlesien umfassten 94.000 Lutheraner und 85.000 großteils tschechische
Reformierte,
·
in
Galizien wurden als Nachfahren der unter Joseph
II. angesiedelten
Pfälzer 27.000 A.B. und 1.900 H.B. gezählt.
·
Diese
Lehranstalt in Wien sollte aber auch als Ausbildungsstätte für den geistlichen
Nachwuchs der beiden streng getrennten reformatorischen Kirchen im Königreich
Ungarn dienen,
o
für
die Evangelische Kirche A.B., die viersprachig gewesen ist: mehrheitlich
slowakisch, deutsch, ungarisch (und in einem kleinen Landstrich in
Prekmurje/Übermurgebiet wurde auch slowenisch gepredigt) [850.000 A.B.] und
o
für
die fast ausschließlich magyarische Reformierte Kirche in Ungarn und
Transsilvanien [über 2 Mill. H.B.],
·
weiters
auch für den Nachwuchs der Lutherischen Volkskirche der Siebenbürger Sachsen
[220.000 A.B.] und
·
schließlich
für die kleine Unitarische Kirche [mit 50.000 Mitgliedern] in Siebenbürgen, die
am Rande des protestantischen Spektrums angesiedelt war, eine antitrinitarische
Kirche, die seit dem Landtag von Thorenburg/Torda (1568) als rezipiert galt[35].
Die Wiener Protestantisch-Theologische Lehranstalt
musste sich als österreichische Alternative zum Studium an den deutschen
Universitäten profilieren, aber die negativen Begleitumstände ihrer Gründung haben
ihren Ruf nachhaltig beschädigt und es wird von ungarländischen Studenten
berichtet, dass sie das Studium in der Haupt- und Residenzstadt bewusst
boykottierten. Das Verbot des Auslandsstudiums fiel in der Tat schon nach
wenigen Jahren, 1827/1828, das Studium in Wien gewann jedoch nicht an
Attraktivität, mochte die Lehranstalt auch als zentrale Ausbildungsstätte für
die gesamte Donaumonarchie und der Lehrplan nach dem Vorbild der deutschen
Fakultäten konzipiert worden sein[36].
Deren äußerliche und innere Ausstattung waren äußerst
bescheiden. Und es mangelte auch nicht an Spott, dass sie wohl kaum in der Lage
wäre, die Konkurrenz der deutschen Hochschulen auch nur einigermaßen
auszuhalten.
Die Kritik am Lehrkörper betraf vor allem deren Auswahl im
Wege von Konkursprüfungen. Praktisch kamen nur Bewerber aus Österreich und
Ungarn in Frage. Bei einer Analyse der Biographien dieser Theologieprofessoren
fällt auf, dass sie die Vielgestaltigkeit des Protestantismus in keiner Weise
repräsentierten. Es handelte sich um Lehrer evangelischer Gymnasien und
Pastoren, die mehrheitlich aus der Zips stammten und an der Salana in Jena
studiert hatten. Von der Kritik muss freilich ein Mann ausgenommen werden, Johann Georg Wenrich (1787-1847), zuvor Rektor am evangelischen Gymnasium
in Hermannstadt/Nagyszeben/ Sibiu[37].
Er konnte sich als Orientalist und Arabist profilieren und wurde an seinem
Lebensabend in die neu gegründete Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in
Wien aufgenommen.
Die Studentenschaft kam hauptsächlich aus Ungarn und
Siebenbürgen, kaum aus den österreichischen Erbländern. Bis zur Erhebung der
Lehranstalt in eine Fakultät (1850) werden nur 24 Österreicher gezählt –
gegenüber den 423 immatrikulierten Studenten aus dem Königreich Ungarn, 203
Studenten aus Siebenbürgen, 58 aus Österreichisch-Schlesien, 90 aus Böhmen und
Mähren, machte dies nur einen verschwindenden Bruchteil aus. 13 Studenten kamen
in diesem Zeitraum aus Galizien, einer aus der Bukowina und dem Küstenland. Aus
einer Auflistung des Kirchenhistorikers Karl
Völker (1886-1937)
wissen wir, dass bis 1930 insgesamt 3.633 Inskriptionen durchgeführt wurden; da
sind aber Mehrfachinskriptionen aufgrund allfälliger Studienortwechsel darunter
und eine solche Peregrinatio academica nach Deutschland war die Regel. 119
Inskriptionen betrafen Studierende aus Galizien, darunter Elisabeth Röhrich, die 1919 als außerordentliche Hörerin inskribiert
war, die einzige Frau aus Galizien[38], lange bevor sich 1928 die
Fakultät dem Frauenstudium öffnete.
Die Studentenfrequenz betrug im ersten Jahrzehnt im
Durchschnitt 49 Studenten, sie steigerte sich in der Folge sogar auf 54, obwohl
die Grenzen nach Deutschland wieder geöffnet wurden, sie fiel aber in den
Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts auf
34 Studenten. Diese Zahlen machen deutlich, dass das Studium in Wien für
Magyaren wenig attraktiv gewesen ist. Sie boykottierten die Lehranstalt, zumal
die Lyceen und Kollegien durch die Einführung der magyarischen
Unterrichtssprache einen enormen Aufschwung genommen hatten[39].
In Wien war die deutsche Unterrichtssprache obligatorisch.
Lediglich die reformierten Disziplinen, reformierte Dogmatik und reformierte
Exegese, wurden lateinisch vorgetragen. Dieser Lehrstuhl für Reformierte
Theologie blieb lange vakant[40].
Daran zeigt sich die Skepsis der reformierten Theologiestudenten, das waren ja
fast ausschließlich solche der tschechischen oder magyarischen Nation,
gegenüber der Wiener Ausbildungsstätte. Erst 1864 wurde der Lehrstuhl wieder
besetzt, allerdings weder mit einem Magyaren noch mit einem Tschechen, sondern
mit einem deutschen Professor.
Die deutsche Unterrichtssprache war für die übrigen Fächer
unbestritten und sie galt als Schlüssel für die Theologie und Geisteswelt der
Reformation. Erst 1848 wurde von den slavischen Studenten die Forderung
vorgetragen, dass stets ein Professor angestellt sein müsse, „welcher der slavischen Sprache vollkommen
mächtig ist“. Daraus resultierte eine „slavische Tradition“ auf der
Lehrkanzel für Praktische Theologie, die 1849 eingerichtet wurde[41].
1848 schien die Aufnahme der Lehranstalt in den Verband der
Alma Mater Rudolfina mit den Händen zu greifen, sie scheiterte indes am
katholischen Stiftungscharakter der Universität und am Einspruch des
Universitätskanzlers, dem das Universitätskonsistorium folgte[42].
1850 erfolgte die Umstrukturierung der Lehranstalt in eine
(von der Alma Mater Rudolfina separierte) Fakultät. Sie erbrachte die
akademische Lehr- und Studienfreiheit und öffnete die Tür für
Professorenberufungen von deutschen Universitäten. Man könnte daher diesen
Abschnitt unter die Zwischenüberschrift: Im
Zwiespalt zwischen Provinzialisierung und Germanisierung stellen. Denn die
reichsdeutschen Professoren bestimmten in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts das Fakultätsleben und sie sahen ihr vordringliches Ziel darin,
die Inkorporierung der Fakultät in den Verband der Wiener Universität
voranzutreiben[43].
Um sich ein Bild zu machen sei auf einen gesamtdeutschsprachigen
Hörer-Vergleich 1870/71 verwiesen: Dabei lag die Wiener Fakultät mit 49 Hörern
deutlich vor Basel (16) und Greifswald (24), fast ebenbürtig mit Heidelberg
(54). Diese 49 Hörer waren mehrheitlich lutherisch (35 A.B.
gegenüber 14 H.B.), 29 stammten aus
Ungarn, 6 aus Siebenbürgen, je fünf aus Böhmen und Mähren, je zwei aus Galizien
und k.k. Schlesien.
Sie orientierte sich stets am Vorbild der deutschen
Fakultäten. Und doch oblag ihr die Aufgabe, für den konkreten Dienst in der
Diaspora der Habsburgermonarchie auszubilden. Als die Studentenzahlen in den
letzten Lustren des 19. Jahrhunderts immer weiter in den Keller sanken,
verlangte eine Denkschrift der Fakultät eine Erhöhung der Wiener
Pflichtsemester und motivierte die Änderung der Prüfungsordnung folgendermaßen:
Das Studium im protestantischen Ausland von begrenzter Dauer sei durchaus wünschenswert, es dürfe aber die
Ausbildung für den besonderen Dienst in der Heimatkirche nicht darunter leiden.
Es sei vielmehr heilsam, sich schon
als Student an die Diasporaluft zu
gewöhnen[44].
Einen wissenschaftlichen Nachwuchs heranzubilden, lag freilich
noch immer nicht im Blickfeld der Fakultät, auch wenn ihr 1861 ausdrücklich das
Promotions- und Habilitationsrecht eingeräumt wurde. Lediglich der erwähnte
Professor Wenrich verfügte über einen Assistenten, Georg Gustav Roskoff (1814-1889), der sein Nachfolger wurde.
Das Promotionsrecht hob die Fakultät über alle anderen protestantischen
Ausbildungsstätten im Habsburgerreich hervor, erst 1914 erhielt auch die Theologische Fakultät in Debrecen das Recht, Promotionen
durchzuführen.
Zahlreiche Lehrer der kirchlichen Akademien und Kollegien
in Ungarn (und später in Prag und Warschau) erlangten in Wien die Promotion,
darunter (in alphabetischer Reihe) folgende Galizier[45]:
·
Franz Fischer (1895-1975), Dr.theol. Wien 1938: Die theologischen Voraussetzungen des evangelischen
Religionsunterrichtes[46].
·
Hermann Fritsche (1846-1924), Superintendent in Biala, Dr.h.c. Wien 1911.
·
Rudolf Kesselring (1884-1961), Dr.theol.
Wien 1928: Der Unitarismus in Polen im
Zeitalter der Reformation und Gegenreformation[47].
·
Hans Koch (1894-1959),
Dr.theol. Wien 1927: Katholizismus und
Protestantismus in der russischen Orthodoxie des Petrinischen Zeitalters[48].
·
Herbert Krimm (1905-2002), Dr.theol. Wien 1932: Die
Agende der niederösterreichischen Stände vom Jahre 1571[49].
·
Paul Pomykacz (1869-1922),
Dr.theol. Wien 1912: Mikolaj Rej von
Naglowic.
·
Karl Völker (1886-1937), Lic.theol.
Wien 1911: Der Toleranzgedanke im
Reformationszeitalter[50].
·
Max Weidauer (1870-1937),
Pfarrer in Kolomea, Lic.theol.h.c. Wien 1921.
Und als eine
weitere Promotion führe ich die Arbeit von Martin Hennig (1902-1997), Pastor in Cuxhaven an, weil sie ein Thema des polnischen
Protestantismus behandelt, der Verfasser stammte allerdings nicht aus Galizien:
·
Martin Hennig, Dr.theol. Wien 1932:
Die Evangelisch-lutherische Kirche in
Polnisch-Wolhynien. Die Geschichte, die Form ihres Dienstes und die Äußerung
ihrer Frömmigkeit.[51]
An Habilitationen an der Evangelisch-theologischen Fakultät
von Galiziern sind zwei zu benennen:
·
Karl Völker: Der Protestantismus in Polen aufgrund der
einheimischen Geschichtsschreibung (1913)[52].
·
Hans Koch: Die griechische
Kirche im alten Russland. Skizzen zur Kirchengeschichte Osteuropas (1929)[53].
III.
Galizier an der Theologischen Fakultät
Wenn in einem
dritten Abschnitt über einige Galizier an der Evangelisch-theologischen
Fakultät in Wien berichtet werden soll, so kann von dem erwähnten Aufsatz aus der Feder des Kirchenhistorikers Karl
Völker ausgegangen werden. Er zählt 119
Inskriptionen von in Galizien geborenen Theologiestudenten, darunter befanden
sich auch Methodisten und Mennoniten, ja auch griechisch-katholische und
griechisch-orthodoxe Studenten. Er erfasste den Zeitraum zwischen 1821 und
1930. Auch danach waren Studierende aus Polen an der Fakultät immatrikuliert:
im Sommersemester 1932 erreichten sie mit 15 das Maximum, gerade in einem Jahr,
in dem Einsparungspläne des Unterrichtsministeriums die Schließung der Fakultät
im Auge hatten[54].
Das konnte aber durch Interventionen seitens der Kirche, aber auch des
Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses und einzelner volksdeutscher
Landeskirchen in Jugoslawien, Böhmen, Mähren und Schlesien verhindert werden.
In deren Botschaften[55],
denen auch der Titel dieses Beitrags („Pflegerin
wichtigster evangelischer und deutscher Lebensinteressen“) entnommen ist,
war ganz unverblümt von der „volksdeutschen
Interessenswahrung“ die Rede, dass die beabsichtigte Fakultätsschließung
unermesslichen Schaden zufügen würde, „da
doch bekanntlich unsere evangelischen Pfarrer im Kampfe um unsere völkischen
Interessen in erster Reihe stehen“. Dieses volkspolitische Credo ist
gewichtig, es kann freilich nur vor dem Hintergrund der „doppelten Diaspora“ (ethnischen und konfessionellen) der
Protestanten in jenen Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie richtig
verstanden werden. In diesen Zusammenhang ist auch die Bemühung der Fakultät zu
rücken, einen Lehrstuhl für Diasporawissenschaften zu errichten und auf diesen
den wissenschaftlich ausgewiesenen Pfarrer Gerhard May (1898-1980) aus Cilli/Celje zu berufen[56].
Er hatte mit seinem Buch über die „Volksdeutsche
Sendung der Kirche“[57] enormes Aufsehen erregt, weil er eine sehr
zeitbezogene kontextuelle Theologie entwickelt hatte, aber die Berufung kam
nicht zustande.
Dieses
volkspolitische Credo verdient auch deshalb Beachtung, weil in den
angesprochenen Nachfolgestaaten der Donaumonarchie zum Teil deutschsprachige
theologische Lehrkanzeln errichtet wurden, beispielsweise in Pressburg,
Ödenburg, aber auch in Warschau, wo ganz offen um die Studenten aus Galizien
geworben wurde. In diesen Dienst stellte sich etwa der in Wien promovierte
langjährige Lemberger Pfarrer [1908-1929] Rudolf Kesselring, dem 1932 in Warschau eine Professur übertragen wurde[58]. Ihm
sind auch zahlreiche kirchengeschichtliche Beiträge zu verdanken[59]. Sein
Engagement für den polnischen Evangelizismus ist ihm seitens der
Galiziendeutschen sehr übel genommen worden, die dahinter die Gefahr der
Polonisierung und Entsolidarisierung mit der Pfälzer Tradition eines
deutschnational imprägnierten Protestantismus erblickten[60].
Die Zahl der
Studierenden aus Polen nahm in Wien kontinuierlich ab. Bis zum WS 1934/35 waren
es etwas mehr als zehn, danach sanken sie auf unter fünf, im Sommersemester
1944 war kriegsbedingt gar nur mehr ein Student nachgewiesen[61].
Zum
Dozentenkollegium der Wiener Fakultät zählten in all den Jahren lediglich drei[62]:
der erwähnte Kirchenhistoriker Karl Völker, der aus Biala
stammende Neutestamentler Rudolf Knopf (1874-1920), der
zwischen 1907 und 1914 in Wien wirkte, dann an die Universität Bonn wechselte
und schon in jungen Jahren verstarb[63],
weiters der Kirchenhistoriker Hans Koch (1894-1959), der
sich an der Fakultät 1929 für Kirchengeschichte habilitierte, am 10. Juli 1929
seinen Habilitationsvortrag über Kaiser
Julian, der Abtrünnige, als religiöser Reformer hielt[64]
und in Wien eine bemerkenswerte akademische Karriere startete, die ihn über
Königsberg (Berufung 1934) und Breslau (Berufung 1937) nach Wien (Berufung
1940) zurückführte. Hier bekleidete er zwischen 1940 und 1945 ein Ordinariat
für Osteuropäische Geschichte, ohne je in Erscheinung getreten zu sein, weil er
als Offizier des Ersten Weltkrieges auch im Zweiten Weltkrieg zu den Waffen
gerufen wurde und an sensiblen Stellen im Heereskommando Ost seinen
Militärdienst absolvierte – mit einer Unterbrechung im Jahr 1940, als er als
Direktor das Deutsche Wissenschaftsinstitut in Sofia/Bulgarien leitete, um
seine Studien zur Orthodoxie zu betreiben. Über ihn, der im Rahmen der
Galiziendeutschen Landsmannschaft häufig das Wort ergriffen hat und im
Leserkreis des Zeitweisers noch sehr präsent ist, werde ich abschließend noch
etwas näher ausführen.
Es ist aber auch
ein gegenteiliger Fall aktenkundig, dass einem Galizier 1856 die angestrebte
Habilitation nicht zuteil geworden ist, sondern aus vorgeschobenen
wissenschaftlichen Gründen verweigert wurde: dem Bialer Lehrersohn Julius
Kolatschek (1829-1900). Er hatte in Pressburg, Wien
(1849-1852) und Tübingen studiert, in Tübingen auch den Dr.phil. erworben. Er
hatte dort eine freisinnige Theologie kennen gelernt und an dieser Maß
genommen, weshalb sein Habilitationsgesuch mit knapper Mehrheit abgelehnt
wurde. In der von Daniel Schenkel (1813-1885), dem
literarischen Papst des Freisinns herausgegebenen Allgemeinen kirchlichen
Zeitschrift ist dieser Vorgang folgendermaßen kommentiert worden[65]:
Vor vier bis fünf
Jahren bewarb sich auch ein junger hoffnungsvoller inländischer Theologe, der
zuletzt in Tübingen studiert hatte, um die Habilitierung als Privatdocent,
allein weil er sich in dem abgeforderten Programme offen zu den Prinzipien der
Tübinger historisch-kritischen Schule bekannte, wurde ihm wegen seiner
‚destruktiven Tendenz-Kritik’ von Seite der Mehrheit des damaligen
Professorenkollegiums (3 gegen 2) Hindernisse in den Weg gelegt – welcher
Umstand keineswegs von Rationalismus, sondern vielmehr von orthodoxistischem
Streben zeugt.
Später hat er
durch eine beachtliche Gemeindegeschichte auf sich aufmerksam gemacht und den
ersten Schematismus der Evangelischen Kirche zusammengestellt[66].
Die akademische
Niederlage Kolatscheks hat ein anderer Galizier
aus nächster Nähe miterlebt, der seit 1852 immatrikulierte Lemberger Student Karl
Theodor Haase (1834-1909), der Sohn des dortigen Superintendenten[67].
Ein Stipendium der Lemberger Gemeinde ermöglichte ihm die Fortsetzung seines
Studiums in Göttingen und Berlin, dem die Promotion zum Dr.phil an der Universität
Rostock folgte. Er kehrte freilich nicht nach Galizien zurück, sondern wirkte
in Österreichisch-Schlesien, in Bielitz und Teschen, wo er über viele Jahre als
Senior und als Superintendent der größten und bedeutendsten Superintendenz der
Evangelischen Kirche, der mährisch-schlesischen mit 95.000 Gemeindemitgliedern
in drei Senioraten und 35 Kirchengemeinden amtierte. Da diese Superintendenz
dreisprachig war, überwiegend polnisch (60%), deutsch (25%) und tschechisch
(15%), bedurfte es einer besonderen Gabe, um in einer Zeit des um sich
greifenden Nationalismus das Zusammenleben und –wirken in dieser Diözese zu
fördern und zu gewährleisten. Das ist ihm nicht immer gelungen. Dennoch muss
von ihm gesagt werden, dass er, der auch politische Ämter nicht scheute,
sondern über viele Jahre nicht nur in der Bielitzer Gemeindevertretung, im
schlesischen Landtag, sondern 1873-1906 auch ein Mandat im Reichsrat wahrnahm,
später zum Herrenhausmitglied auf Lebenszeit ernannt wurde, zur „größten Autorität und Persönlichkeit des
österreichischen Protestantismus“[68]
heranreifte. Versuche, ihn nach Lemberg zu berufen, als Nachfolger seines
Vaters in der galizischen Superintendentur, sind fehlgeschlagen, die in der
Folge von Lemberg nach Biala abwanderte. Seinem Vater folgte er lediglich in
der synodalen Leitung der österreichischen Gesamtkirche nach. War der Vater Präsident
der ersten Generalsynode 1864, so folgte der Sohn 1889 und 1895 im Vorsitz.
Nun zu dem schon
mehrfach zitierten Kirchenhistoriker Karl Völker[69]. Er stammte aus Lemberg, wuchs dort in
der Metropole Galiziens als Nachfahre sächsisch-schlesischer Einwanderer
zweisprachig auf, studierte Theologie und Geschichte in Wien, Leipzig und bei Adolf von
Harnack (1851-1930) in Berlin. Dieser und Georg
Loesche (1855-1932) in Wien waren die stärksten
Eindrücke seiner Studienzeit. 1909 promovierte er in Wien mit einer Arbeit zur
Geschichte des Protestantismus in Polen[70] zum
Dr.phil., 1911 mit einer reformationsgeschichtlichen Studie zum Lic.theol. Er
habilitierte sich 1912 für Kirchengeschichte und wirkte zunächst als
Studieninspektor des Theologenheimes, der einzigen Stelle für die
wissenschaftliche Nachwuchspflege der Evangelischen Kirche in Österreich[71].
Bei der Nachbesetzung der Lehrkanzel für Kirchengeschichte wurde er ein Opfer
der ungeschriebenen Regel, dass es keine Hausberufung geben dürfe. So berief
das Wiener Professorenkollegium 1917 einen Kollegen aus Breslau, um Völker zu einem Ruf nach Schlesien zu verhelfen. Da er für die
Kirchengeschichte Polens spezialisiert war, waren seine Berufungschancen
relativ hoch. Aber die Universität Breslau versperrte sich solchen
Überlegungen. Karl Völker musste einen anderen Weg gehen, er wechselte als habilitierter
Kirchenhistoriker auf die Lehrkanzel für Praktische Theologie (1920)[72], ehe
er 1922 das Katheder der Kirchengeschichte in Wien besteigen konnte. Später
wurde er wiederholt von der Universität Breslau, die ihm 1921 den Doktorgrad
der Theologie honoris causa verliehen hatte, angefragt und umworben, eine
Berufung kam aber nicht zustande. Die zahlreichen Beiträge zur Geschichte des
Protestantismus in Galizien und Polen gipfelten in einer „Kirchengeschichte Polens“ (Berlin-Leipzig 1930), die bis heute
nicht überholt ist und als Standardwerk gilt und die ihm die Mitgliedschaft in
der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau eintrug. Sein Wirken war
zeitlich eingeschränkt, denn schon 1937 erlag er einundfünfzigjährig einem
Krebsleiden. Und doch hat er eine Völker-Schule gebildet, denn aus seinem Kreis
ging eine Reihe von Professoren hervor: Rudolf Kesselring in Warschau, Roland Steinacker (1870-1962),
Professor für Praktische Theologie in Pressburg[73], der
mit einer Arbeit über die Stellung der Kirchengeschichte im Religionsunterricht
1923 bei Völker promovierte, der
Kirchenhistoriker Paul Dedic (1890-1950) in Graz, dem
nach Völkers frühem Tod die Herausgabe des Jahrbuchs
für die Geschichte des Protestantismus in Österreich oblag[74], schließlich
der in Przemysl geborene Herbert Krimm (1905-2002)[75], der
seinen Geburtsort der dortigen Garnison verdankte, wo sein Vater als Offizier
stationiert war. Auch er wirkte zeitweise als Studieninspektor im Wiener
Theologenheim, wo er seine liturgiegeschichtliche Dissertation anfertigte, und im
Franz-Rendtorff-Haus in Leipzig (1936). Seine 1938 erfolgte Habilitation in
Leipzig („Der Gottesdienst, sein Gehalt
und Gefüge“) war in den Kriegswirren untergegangen, sodass er sich 1951
nach Heidelberg umhabilitieren musste; er wurde der Begründer des Diakoniewissenschaftlichen
Instituts in Heidelberg (1954), schließlich 1961-1970 Ordinarius für Praktische
Theologie an der Ruperto Carolina, 1970 wurde
er emeritiert, versah in der Folge noch den Dienst eines Krankenhausseelsorgers
und hielt bis zuletzt den Kontakt nach Österreich aufrecht.
Als weiterer
Schüler ist schließlich noch Oskar Wagner (1906-1989)[76] zu
nennen. Er stammte aus Hartfeld, absolvierte sein Studium in Wien (1924-28), wo
er anschließend auch als Vikar wirkte (1928-31) und seinen Freund Hans Koch zeitweise als Studieninspektor
im Wiener Theologenheim vertrat; er hatte in Wien beim Osteuropahistoriker Hans
Uebersberger (1877-1962) mit einer Arbeit über „Die Union von Brest 1596 im Lichte des
polnischen Staatsgedankens“ den Dr.phil. erworben (Wien 1930), wirkte als
Landessynodalpfarrer der Evangelisch-unierten Kirche in
Kattowitz/Polnisch-Oberschlesien und Mitarbeiter des Kirchenpräsidenten Hermann
Voß (1873-1938) und versuchte, die politischen Eingriffe
und Polonisierungsversuche gegenüber dieser kleinen Diasporakirche abzuwehren. Aus
der Wojewodschaft Schlesien 1938 ausgewiesen, wirkte er als Referent für die
oberschlesischen Kirchenkreise im Konsistorium Breslau. Bei einem Besuch in
Posen wurde er im August 1939 von Polen verhaftet und in den Osten deportiert,
von deutschen Truppen wieder befreit. Es folgten Kriegsdienst und amerikanische
Kriegsgefangenschaft, aus der er schon 1945 entlassen wurde. Seit 1950 wirkte
er als Pfarrer in München, er war viele Jahre Mitglied des Hilfskomitees der
Galiziendeutschen im Diakonischen Werk der EKD. Seine knappe Biographie im
Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon würdigt ihn ausdrücklich als „Mitbegründer
des Wiener Instituts für protestantische
Kirchengeschichte“[77],
das als Parallelgründung (1973) zum Ostkircheninstitut in Münster verstanden wurde,
im Jahre 2000 aber nach Pressburg übersiedelte, wo es als Institut für die Kirchengeschichte des Donau- und Karpatenraumes der
Evangelisch-theologischen Fakultät an der Comenius-Universität Bratislava angegliedert
wurde.
Wagner, der im Rahmen
der Institutsreihe (Studien und Texte zur
Kirchengeschichte und Geschichte) eine
große Monographie über die „Mutterkirche
vieler Länder“, eine Kirchengeschichte des Herzogtums Teschen, verfasste[78],
leistete damit einen großen Dienst, denn nur er konnte aufgrund seiner
umfassenden Sprachkenntnisse dieses „Zusammenspiel
von verschiedenen nationalen Kulturen Osteuropas“ in ihrer bunten
konfessionellen Schichtung so konzis und tiefschürfend darstellen. Die
topographische Angabe im Untertitel ist eine täuschende Engführung, in Wahrheit
holt Wagner viel weiter aus und berücksichtigt
durchaus auch die Entwicklung in Galizien und in der Bukowina, wo die
Konfession ein „entscheidendes
Identitätsmerkmal“ gewesen ist. Auch die an seinem Lebensabend
zusammengestellte Aufsatzsammlung „Zwischen
Völkern, Staaten und Kirchen“ ist dieser spezifischen Aufgabenstellung
gewidmet[79].
Es waren vor allem drei Themen, denen seine Aufmerksamkeit galt: „erstens der
evangelischen Kirche im Herzogtum Teschen, in dem ein genuin polnischer Protestantismus
von der Reformation bis in die Gegenwart lebendig blieb, zweitens der
evangelisch-unierten Kirche in Oberschlesien und drittens der Begegnung von
Protestantismus und Orthodoxie, speziell der byzantinisch ausgerichteten
Bewegung unter den evangelischen Ukrainern Ostgaliziens“[80].
Für diese ganz außerordentliche wissenschaftliche Lebensleistung wurde ihm 1986
von der Universität München der Doktorgrad der Theologie honoris causa verliehen.
Nicht zum
Schülerkreis, wohl aber zum Freundeskreis Völkers gehörte der aus Biala stammende Viktor Glondys (1882-1949)[81],
der von Hause aus römisch-katholisch gewesen ist, aber im Zuge seines
Philosophiestudiums in Graz mit dem Kleinen Katechismus von Martin
Luther konfrontiert wurde, der ihn zur
eingehenden Lutherlektüre veranlasste. Es war die Zeit der klassischen
Los-von-Rom-Bewegung[82],
in der 1904 seine Konversion zum Luthertum erfolgte, die dann auch einen
Studienwechsel zur Folge hatte. Glondys widmete sich
nunmehr der protestantischen Theologie und zwar in Marburg/Lahn und Straßburg,
vor allem aber an der Wiener Fakultät, wo er an der Seite von Völker studierte und besonders von dem eben aus Berlin berufenen Systematiker Karl Beth (1872-1959) beeindruckt wurde. 1910 erfolgte seine Ordination und der Beginn
seines kirchlichen Dienstes im äußersten Osten des Reiches, in der Bukowina.
1912 wurde er zum Stadtpfarrer in Czernowitz gewählt, wo er durch seine Heirat
mit Alice Mayer (1888-1978) Anschluss an das
Stadtpatriziat fand und als intellektueller Gesprächspartner allgemein
geschätzt wurde[83].
Er hatte noch während des Krieges sein Philosophiestudium mit der Promotion in
Graz abgeschlossen[84]
und bemühte sich in der Folge um den
Kontakt zur Francisco-Josephina, der östlichsten deutschsprachigen Universität[85].
Diese beendete allerdings nach 44-jähriger Wirksamkeit ihren Lehrbetrieb in
deutscher Sprache, weil die Bukowina-Deutschen zum Großteil für die Rückkehr
nach Österreich optierten. Glondys hat den
Nachmittag des 6. September 1919 beschrieben[86],
als die deutschen Universitätsprofessoren von Tausenden Stadtbewohnern am
Bahnhof verabschiedet wurden. Dieser Artikel schließt mit einer leichten Kritik
an der mit so großer Eile vollzogenen Romanisierung der Universität, um der
Hoffnung umso heftiger Ausdruck zu geben, „dass
den berechtigten Wünschen der Deutschen in Groß-Rumänien nach Errichtung einer
deutschen Universität in Hermannstadt schließlich werde Rechnung getragen
werden“. Er selbst blieb in Czernowitz, er erwarb in diesem Jahr die
Lehrbefugnis für „Erkenntnistheorie“ und brachte in der Folge eine knappe „Einführung in die Erkenntnistheorie“
(Wien-Leipzig 1923) heraus. Glondys hat in den
akademischen Kreisen der Stadt eine geachtete Stellung eingenommen, vor allem
hat er dann die Romanisierung der Universität mitgemacht (er las schon im
Wintersemester 1920/21 eine Einleitung in die Erkenntnistheorie in rumänischer
Sprache: Intuitiunea tipurilor monistice)
und trug das Seine dazu bei, dass die acht evangelischen Gemeinden in der
Bukowina mit ihren 21.000 Mitgliedern an die Kirche der Siebenbürger Sachsen
angeschlossen wurden. Bald darauf (1922) folgte er einem Ruf als Pfarrer an der
Schwarzen Kirche von Kronstadt. 1930, zeitgleich mit der Promotion zum Dr.
theol. h.c. durch die Universität Breslau, erfolgte seine Wahl zum
Bischofsvikar, 1932 zum (ersten nicht-sächsischen) Bischof der Evangelischen
Kirche in Großrumänien. Er repräsentierte somit das „evangelische Deutschtum“ in Großrumänien[87] und
hatte seine Kirche in einer der schwierigsten Epochen siebenbürgisch-sächsischer
Geschichte zu leiten[88]. Dabei
versuchte er, die traditionelle kulturprotestantische Tradition zu modifizieren,
die landeskirchliche Krise durch ökumenische Integration und Volksmission zu
überwinden. Aber sein kirchenpolitischer Versuch einer „cohabitation“ mit den Exponenten der NS-Bewegung scheiterte[89],
er selbst wurde 1941 zum Rücktritt gezwungen. Seiner geistlichen Tätigkeit
konnte er weiter im Rahmen Lutherakademie in Hermannstadt nachkommen, deren
Gründung durch ihn initiiert worden war und die ein kleiner Ersatz für die
unterbliebene Universitätsgründung sein sollte. 1944 versuchte er, wieder in
sein bischöfliches Amt zurückzukehren, doch unterlag er in einem höchst
intrigenreichen Machtkampf dem mit der Leitung beauftragten Bischofsvikar Friedrich
Müller-Langenthal (1884-1969), dem Exponenten eines
„’Verteidigungsrings’ der wertkonservativen binnenkirchlichen Opposition“[90]. Eine
Berufung als Bischof nach Wien (er war sowohl in den Dreißigerjahren als auch
1944 nach dem Tod von Bischof Hans Eder (1890-1944) immer
wieder als einer der in Aussicht genommenen Kandidaten genannt worden) als auch
auf eine Professur für Systematische Theologie, die ein Briefwechsel mit dem
Dekan Gustav Entz (1884-1957) zum
Jahreswechsel 1946/47 andeutet[91],
hätten ihn aus seiner unerquicklichen Situation in Siebenbürgen erlöst, kamen
aber nicht zustande.
Der bekannteste Galizier an der Wiener
Fakultät war aber zweifellos Hans Koch
aus Kaltwasser bei Lemberg. Er, der sich gelegentlich als „Landsknecht ohne Namen“ bezeichnen konnte[92],
hat sich wie kein anderer mit dem volksdeutschen Milieu in Galizien
identifiziert, hat es erforscht[93],
hat viele Vorträge zum Thema gehalten und Berichte verfasst. Eine Biographie
dieser Persönlichkeit ist noch immer Desiderat und nicht ohne Schwierigkeiten
in Angriff zu nehmen, denn die Faszination, die von seiner Persönlichkeit
ausging, lag nicht zuletzt in dem Facettenreichtum: er wirkte als Theologe und
Historiker, als Soldat und Politiker sowie als Politologe und
Wissenschaftsorganisator, aber auch als Schriftsteller, Erzähler und Poet[94].
Und bemerkenswert war auch sein Lebensweg, der ihn von Lemberg nach Wien
führte, weiters nach Königsberg (1934), Breslau (1937) und ins Ennstal (1945),
von dort schließlich nach München (1952). Durchzogen wird diese Biographie
durch Kriege. Es waren mehr als zwei Weltkriege, in denen er an der Front
stand, er wirkte auch als sotnik im
Offiziersrang der ukrainisch-galizischen Armee, als die Ukrainer nach Ende des
Ersten Weltkrieges gegen den Widerstand der Polen und der Russen eine freie
Ukraine zu errichten sich anschickten. Sie nahmen das Selbstbestimmungsrecht
der Völker in Anspruch und er stellte sich in den Dienst dieses Anliegens. Die
immer wieder kursierende Apostrophierung als „Ukrainer Koch“ hat hierin seine Wurzel.
Er hat diese Geschichte Galiziens nicht nur
dargestellt, sondern hautnah miterlebt, sodass ein Fachkollege einmal
feststellen konnte, Koch wäre wohl
der abenteuerlichste unter den akademischen Lehrern des 20. Jahrhunderts
gewesen[95].
Nach der Matura am Lemberger Staatsgymnasium 1912 nahm er in Wien das Studium
der Theologie auf und fand im Theologenheim, dessen Leitung gerade Karl Völker oblag, Unterkunft. Neben
der Fakultät und dem Theologenheim war die Akademische Verbindung „Wartburg“ („Verein deutscher evangelischer Theologen
Wartburg“)[96]
ein weiterer Bezugspunkt für den Ortsfremden, er „sprang“ ein und wählte den
Couleurnamen Winfried. Als Hans Winfried Schaefer publizierte er in der Folge so manchen
Beitrag. Rasch überzeugte er seine Kommilitonen von seiner Führungsqualität,
schon im zweiten Jahr wirkte er als Sprecher der Wartburg, 1914 als erster
Sprecher, der sich für den Beschluss der Wartburg stark machte, dass die
Theologiestudenten auf das Geistlichenprivileg des österreichischen Wehrgesetzes
verzichteten und sich freiwillig zur Kriegsdienstleistung zur Verfügung
stellten[97].
Koch, der im Herbst 1914 in Lemberg
vom Einbruch russischer Truppen (3.9.1914)[98]
überrascht wurde, konnte erst im Februar 1915 heimlich die Front überschreiten
und nach Wien zurückkehren.
Wie seine Studienkollegen rückte er sofort
ein: „Von da an machte ich den Weltkrieg
bis zum letzten Schuß mit.“[99] Und
es muss ergänzt werden: nicht nur den Weltkrieg, sondern auch den
„verzweifelten Kampf“ der Ukrainer gegen Polen und später gegen die
Bolschewiken. In einer ukrainischen Studie über „Deutsche in den ukrainischen
Armeen 1917-1920“ von Osyp Dumin[100] wird Koch vom ehemaligen Oberkommandanten des ukrainischen Heeres
General Tarnavskyj folgendermaßen
charakterisiert[101]:
„Indem ich ihn erwähne, muss ich in erster Linie seinen starken
ukrainischen Patriotismus hervorheben, trotzdem er gleichzeitig nicht minder
deutscher Patriot war. Solcher edlen Kuriosa hatte unsere Armee einige. In
Ostgalizien geboren, sprach er die reinste ukrainische Literatursprache. Die
Truppe liebte ihn außerordentlich. Den Offizieren war er der treueste Kamerad.
Als Militär aber war er ein geradezu überdurchschnittliches Talent, man muss
nur bedauern, dass unsere Verhältnisse nicht danach waren, ihm eine Entfaltung
seiner ganzen Fähigkeiten zu ermöglichen. Man nannte ihn einfach das ‚Mädchen
für alles’ in Militärangelegenheiten. Mit Recht, denn was konnte Koch nicht
alles, was hat er nicht alles gearbeitet – und was alles beachtet! Koch konnte
alles, verstand alles, wagte sich an alles heran, war stets bereit, sich der
undankbarsten Arbeit anzunehmen, um sie dann aufs Beste auszuführen. Hohe
Intelligenz, ein phänomenales Gedächtnis, echt germanisches Pflichtbewusstsein
und Disziplin machten ihn für die schwierigsten Aufgaben auf dem Gebiete der
Kriegskunst geeignet. Ich bin überzeugt, dass er, wenn unsere blutigen Mühen
nicht diesen traurigen Misserfolg erfahren hätten, heute eine führende Stellung
im ukrainischen Staate besäße.“
Im Februar 1920 geriet er in russische
Gefangenschaft und wurde von den Sowjets als „Fremdenlegionär“ zum Dienst in
der Roten Armee verpflichtet, kämpfte auf deren Seite gegen Polen, ehe er nach
Ende der militärischen Kämpfe durch eine österreichische
Kriegsgefangenen-Mission in Kiew aufgestöbert wurde, die seine Demobilisierung
und Heimkehr nach Wien durchsetzte.
Nun erst konnte er als Spätheimkehrer sein
Studium wieder aufnehmen und es in Rekordtempo absolvieren. In seinem
Lebenslauf notierte er[102]:
er habe sieben Jahre an amtlichen Studiensemestern verloren – aber trotz allem
auch einen großen Gewinn: eine verhältnismäßig gute Kenntnis zweier neuer
Sprachen, des Ukrainischen und des Russischen – und manche Lebenserfahrung, die
er nicht missen mochte. „In Russland und
der Ukraina fand ich auch mein Spezialgebiet: die Geschichte Osteuropas“. 1924
schloss er sein Geschichtestudium mit einer Dissertation bei seinem für sein
späteres Leben entscheidenden Lehrer Uebersberger
ab: Die Slavisierung der griechischen
Kirche im Moskauer Staate als bodenständige Voraussetzung des russischen Raskol
(Wien 1924)[103],
die sein bohrendes Interesse an Russland mit seinen kirchengeschichtlichen
Ambitionen bestens verband und auch als „ganz
vorzügliche Leistung“ von seinem Doktorvater gewürdigt wurde. In rascher Folge lieferte er auch
seine theologische Dissertation (1926/27) und 1929 seine Habilitationsschrift
ab.
Im Hauptberuf wirkte er als
Religionsprofessor an Wiener Gymnasien und als Studieninspektor des
Theologenheimes, doch er strebte nach einem Ordinariat und war wohl auch da und
dort als akademischer Lehrer in Aussicht genommen (Kowno, Berlin, Leipzig,
Marburg, Breslau) aber diese Aussichten zerschlugen sich ebenso wie seine Idee,
in Wien eine Gesellschaft für osteuropäische Kirchenkunde zu gründen und ein
einschlägiges Forschungsinstitut einzurichten. Das war eine glänzende Idee, für
die auch der Umstand sprach, dass sich von Wien aus eine völlig neue Sicht der
orthodoxen Kirchen Bahn gebrochen hat. Hier ist ausdrücklich auf die Bedeutung
des Systematikers Karl Beth zu
verweisen, der im Raum der protestantischen Theologie das auch von Harnack aus baltischer Tradition
überlieferte Bild einer kulturell inferioren Orthodoxie korrigierte. Dazu hatte
auch Koch durch seine Forschungen
beigetragen: Er rückte von der traditionellen großrussischen
Geschichtskonzeption ab und lehrte die Kirchengeschichte der Ostslawen
konsequent als „Geschichte des
hellenischen Geistes in der slawischen Welt“ zu begreifen. Und er zeigte
die tiefen gemeinsamen Wurzeln von Geistes-, Kultur- und Kirchengeschichte. Die
geistige Eigenständigkeit Osteuropas bildete für Koch (im Unterschied zur älteren von Harnack geprägten Auffassung) keinen Gegensatz zum Westen. „Beide berühren und ergänzen sich (…) in
ihren Wurzeln und an den Halmen. Ihre Wurzeln liegen beiderseits in der Antike
(…) ihre Halmen aber sprießen in das Saatfeld der christlichen Kirche und
bilden auf ihrem Boden eine Einheit in ökumenischer Schau.“
Ein ganz wesentlicher Zug von Kochs wissenschaftlichen Ambitionen war
die Frage der Vermittlung, der Popularisierung des Wissens. Er war in der Lage,
schwierige theologische Sachverhalte knapp auf den Punkt zu bringen. Deshalb
war er als Vortragender sehr beliebt und er geizte auch nicht mit seinen
journalistischen Aufbereitungen. Vom Beginn an war er bei der evangelischen
Medienarbeit dabei, er zählt zu den Gründervätern des Evangelischen Preßverbandes (1925)[104]
und lieferte regelmäßig seine Beiträge für Kirchenzeitungen und Kalender,
mochten sie wissenschaftlich oder auch literarisch ausgerichtet gewesen sein. Er
war ein begeisternder Erzähler, wobei diese Geschichten durchaus einen
historischen Kern besaßen, den er literarisch überhöhte, um sie in ihrer
Tendenz plastischer und eindringlicher zu gestalten. So hat er seinem
geistlichen Vater, dem Superintendenten D. Theodor
Zöckler (1867-1949) in Stanislau, dem Leiter der dortigen Diakonischen
Anstalten, ein literarisches Denkmal gesetzt, das bleiben wird[105].
Ihm stand er zur Seite, als dieser in den 20er-Jahren eine Übertrittsbewegung zum Protestantismus zu bewältigen hatte, die
immerhin zwischen 1924 und 1935 an die 10.000 Menschen erfasste, darunter zwei
unierte Priester und einen in Rom ausgebildeten katholischen Priester[106].
Den Hintergrund dieser Konversionen bildete ein „Programm zur Rettung des ukrainischen Volkes“, das die Abkehr von
den bisherigen „erstarrten Kirchenformen der römischen Union und der
griechischen Orthodoxie“ und den Aufbau einer romfreien, aber auch von Russland
unabhängigen, dem Westen zugewandten evangelischen Kirche verhieß, die Rückkehr
zur schlichten Glaubenslehre des Urchristentums propagierte, zur Alleingeltung
der Heiligen Schrift und zum allgemeinen Priestertum, schließlich aber den
Anschluss an die bestehende Deutsche Evangelische Kirche A.u.H.B. in Galizien zum
Ziel hatte. Dazu wurde eine ukrainische Übersetzung von Luthers Kleinem
Katechismus (1929) und der Confessio Augustana (1933) angefertigt und eine
ukrainisch-lutherische Liturgie (1933) wurde erarbeitet. Koch hat diese Bewegung nicht nur wissenschaftlich analysiert und
kommentiert[107],
sondern er stellte sich der „Zöckler-Kirche“
auch zur Verfügung, als es galt, diese beachtliche Zahl an Übertritten zu
integrieren[108].
Die akademische Karriere von Koch ist bekannt und wurde auch schon
wiederholt erörtert. Deshalb können hier ein paar Stichworte genügen. Sie
führte ihn über den Lehrstuhl für Kirchengeschichte an der Preußischen
Universität in Königsberg (1934), dem Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte
an der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau,
verbunden mit der Leitung des Osteuropa-Instituts Breslau (1937)[109],
nach Wien zurück (1940), wo ihm ein Ordinariat für Osteuropäische Geschichte (4.3.1940)
und die Leitung des gleichnamigen Universitätsinstituts übertragen wurde[110].
Diese Ära in Wien 1940-1945, die Jahre des zweiten Weltkrieges, sie war
gekennzeichnet durch seine völlige Absenz, die Geschichte des Instituts
registriert lediglich wenige Besuche[111],
zu einer Lehrtätigkeit kam es überhaupt nicht. Das hing damit zusammen, dass Koch zehn Tage vor dem Ausbruch des Krieges, 21. August 1939 als
Leutnant der Reserve in die Wehrmacht einberufen wurde und am Polenfeldzug
teilnahm. Im Winter 1939/40 wirkte er bei der Umsiedlung der Deutschen aus
Ostgalizien mit[112],
hielt ihnen am Weihnachtstag 1939 in Lemberg eine Abschiedspredigt zu einem
Vers aus dem Lukasevangelium (Lk 9,62)[113]:
Wer die Hand an den Pflug legt und blickt
zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. Koch, der als
Stellvertreter des Lemberger Bevollmächtigten in der deutsch-sowjetischen Repatriierungskommission
mitwirkte und als Chefdolmetscher fungierte, wurde sogar attestiert, dass er
„die Seele dieser Umsiedlungsaktion“ gewesen sei[114].
Anfang Februar 1940 war die Umsiedlung abgeschlossen, sie betraf an die 55.000
Menschen, die aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes
über die Abgrenzung der deutsch-sowjetischen Interessenssphären in Polen zum
Rückzug aus ihrer Heimat in Ostgalizien, Wolhynien, dem Narewgebiet und der
Wilnaer Gegend gezwungen wurden.
Der nächste Auftrag führte ihn nach
Bulgarien. Noch bevor Koch die
Berufung nach Wien in Händen hielt, hatte das Auswärtige Amt und der
Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung einen weiteren
Auftrag für ihn: er sollte den Aufbau eines Wissenschaftlichen Instituts in
Sofia leiten. Verbunden damit war eine Gastprofessur an der Universität. Von
dieser Tätigkeit wurde offenbar angenommen, dass sie in Kombination mit dem
Lehramt in Wien geleistet werden konnte. Doch Koch sah für eine solche Kombination keinen Weg, er machte dienstliche
Gründe geltend, die ihn in Sofia festhielten, wobei die Vermutung geäußert
wurde, dass ihm im Rahmen der Abwehr besondere Aufgaben zufielen, nämlich seinen
persönlichen Zugang zur Orthodoxie zu vertiefen und politisch auszuwerten[115].
Wir bewegen uns bei diesen Überlegungen freilich nicht auf gesicherter
Quellengrundlage, dennoch möchte ich an dieser Stelle die Vermutung etwas
substantiieren.
Hans
Koch
gab seit 1936 die Vierteljahresschrift für Kirchen- und Geistesgeschichte Osteuropas
„Kyrios“ heraus und zwar bis 1942/43,
dann musste sie ihr Erscheinen kriegsbedingt einstellen. Mit dieser Zeitschrift
verfolgte er ein langfristiges Ziel. Er nahm nicht nur am Panorthodoxen
Theologenkongress im Herbst 1936 in Athen[116] in
offizieller Funktion teil, als „wohlwollender
Beobachter“ und als Vertreter des Deutschen Reiches[117],
von dem er zu behaupten wusste, dass es die politische Bedeutung der Ostkirche (im
Blick auf die ökumenische Bewegung, die Kriegsschuldfrage und die Abwehr des
Bolschewismus) rechtzeitig erkannt hätte. Nun waren die Balkankirchen über die
ökumenische Bewegung (Konferenzen 1937 in Oxford und Edinburgh) immer stärker
an die anglikanische Kirche herangerückt, mit der sie in der Überlieferung der
alten Kirche der ersten fünf Jahrhunderte übereinstimmten und somit in einem Konsens
in Lehr- und Kultusfragen standen. Das hatte zur Folge, dass sie von
Deutschland abrückten und allen kulturellen und politischen Einflüssen aus
Deutschland mit zunehmendem Misstrauen begegneten und eine entsprechend
antideutsche Propaganda verbreiteten. Hier setzte eine Gegenstrategie ein,
deren spiritus rector, so meine
Vermutung, Koch gewesen ist und die
mit der Zeitschrift Kyrios über ein
im wissenschaftlichen Diskurs beachtetes
Organ verfügte. Teil der Strategie war auch, Dozenten und Studenten
durch Stipendien nach Deutschland zu locken, Gelehrte aus dem Raum der
Orthodoxie durch Ehrenpromotionen mit Deutschland ins Gespräch zu bringen: Chrysostomos Papadopoulos (1868-1938) 1937
in Königsberg, Nikolaus Louvaris (1887-1961)
1938 in Göttingen, Stefan Zankow (1881-1965)
aus Sofia 1940 in Berlin, Nihifor Crainic
(1889-1972) aus Bukarest 1941 in Wien. In diesem Zusammenhang ist auch auf
drei serbisch-orthodoxe Theologen hinzuweisen, die in den Jahren des Zweiten Weltkrieges ein Doktoratsstudium an der Wiener
Evangelisch-theologischen Fakultät führten (Vaso Sipka, Nikola Vukčevič,
Kristivoj Kotur) – mit Hilfe eines
von Koch vermittelten Stipendiums[118].
In diese kulturpolitische Strategie, Wien zu einem Zentrum für die
Süd-Ost-Forschung auszubauen, auf die Theologen der Balkanländer werbend
einzuwirken und das Bild des Großdeutschen Reiches zu verbessern, ordne ich den
Aufenthalt Kochs in Sofia ein, seine
organisatorische Kompetenz war allgemein bekannt und konnte sich beim Aufbau
des Deutschen Wissenschaftsinstituts in Sofia bewähren. Von Koch wird darüber hinaus berichtet,
dass er Zugang zur bulgarischen Theologenausbildung gesucht und in diesem
Rahmen Lehrveranstaltungen durchgeführt hätte. Das werte ich als Hinweis auf
seine spezifische kulturpolitische Sendung, die freilich mit dem Beginn des
Russlandfeldzugs beendet war.
Am 26. März 1941 wurde Koch als Hauptmann der Reserve wiederum zur Wehrmacht einberufen, als
Spezialist für die Ukraine fiel ihm im Plan „Barbarossa“ eine wichtige Aufgabe zu, er hatte seine
Kenntnisse der ukrainischen Freiheitsbewegung („freie Ukraine“) in den Dienst
der NS-Ostpolitik zu stellen. In diesem Sinne hielt er am 15. Juni 1941 vor dem
Stab der Heeresgruppe Mitte einen Vortrag, wie es die Nationalbewegung der
Ukraine als Verbündete Deutschlands zu gewinnen gelte, um die deutsche
Herrschaft über die Ukraine zu stabilisieren[119].
Am 30. Juni 1941 rückte mit den deutschen Truppen auch der Nachrichtenoffizier Koch mit einem Sonderauftrag der Abwehr
in Lemberg ein, um sich mit dem Metropoliten Andrej Šeptyc’kyj (1865-1944) und den ukrainischen Politikern zu
treffen, die eine Unabhängigkeitserklärung verlautbaren ließen[120].
Koch hielt diese für verfrüht und bemühte
sich, sie rückgängig zu machen. Die deutschen Truppen beendeten nach einer
Woche die ukrainische Unabhängigkeit, sie nahm die führenden Politiker in Haft.
Kochs Haltung zugunsten einer ukrainischen Eigenstaatlichkeit konnte sich nicht
durchsetzen, die offizielle NS-Ostpolitik ging in eine ganz andere Richtung[121].
War mit dieser politischen Entwicklung eine
persönliche Enttäuschung Kochs
verbunden, so stand sein wirkliches Damaskus-Erlebnis noch bevor. Dazu kam es
im Herbst 1941 in Kiew. Am 19. Oktober 1941 marschierten die deutschen Truppen
in Kiew ein, wenige Tage später kam es hier zu einem der großen Juden-Massaker
von Babyn Jar, am Stadtrand von Kiew in der Babij-Jar-Schlucht. 33.000 Menschen,
denen eine Umsiedlung vorgegaukelt worden war, wurden von deutschen
Einsatzkommanden hingemetzelt. Voll Entsetzen schilderte Koch diese Vorkommnisse wenige Tage später einem Abgesandten des
Außenamtes[122]
und bald danach aufs Äußerste erregt seinem Freund Paul Zöckler (1894-????), dessen Sohn Erasmus
Augen- und Ohrenzeuge der in polnischer Sprache geführten Unterredung
gewesen ist[123].
Nach diesem Erlebnis habe Koch mit
dem Nationalsozialismus gebrochen, so die entschiedene Aussage seiner Familie
und seiner Freunde.
Der für die Ukraine zuständige Reichskommissär
Erich Koch (1896-1986) veranlasste
wiederholt Zurechtweisungen seines Namensvetters, im Mai 1942 die Ausweisung
aus der Ukraine, weil der Verdacht bestand, dass er als Offizier der Wehrmacht
die Widerstandsbewegung der Ukrainer gegen die Zivilverwaltung fördere.
Hans
Koch zählte nach dem Krieg Maßregeln auf, die seine innere Entfremdung vom
Nationalsozialismus erwiesen[124].
Als wichtig stufte er seine konfessionelle Gebundenheit ein, die den
NS-Machthabern stets ein Dorn im Auge gewesen sei, dennoch gelang es ihm, die
Zeitschrift „Kyrios“ als kirchliche Zeitschrift herauszugeben. Weiters benannte
er Vorgänge in Breslau, Lemberg und Sofia, wo er jeweils wegen seiner Kritik an
Parteimaßnahmen gemaßregelt wurde, weil er die Interessen der einheimischen
Bevölkerung stärker vertrat als die der NSDAP oder weil er die bodenständige
Bevölkerung gegen die Maßnahmen der Zivilverwaltung beeinflusste. Im Juni 1943
wurde ihm sogar eine Rede- und Schreibverbot erteilt, weil er Maßnahmen der
Ostverwaltung in dienstlichen Berichten kritisiert hatte.
Die Frage nach der politischen Katharsis muss
hier nicht beantwortet werden, vielleicht kann das im Rahmen einer
Sammelschrift anlässlich seines 50. Todestages geschehen, an der nicht nur
Osteuropahistoriker zu beteiligen wären, sondern auch Vertreter der
Militärgeschichte, der Ostkirchenkunde, der Theologie, der
Wissenschaftsgeschichte, Politologie, Galizien- und Ukrainespezialisten,
Literaturhistoriker etc.
Im Blick auf das Thema soll aber abschließend
noch festgestellt werden, dass Hans Koch
nach 1945 der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Die Rückkehr nach
Wien auf die Professur für Osteuropäische Geschichte, auf die er 1940 ernannt
worden war, wurde ihm nicht ermöglicht. Als ehemaliges Parteimitglied der NSDAP
übernahm ihn die Republik Österreich nicht in ihren Personalstand und berief
sich auf seine deutsche Staatsbürgerschaft. Sein wiederholter Antrag auf
Zuerkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft wurde abgewiesen. So sah er
sich gezwungen, in den pastoralen Dienst zurückzukehren, er wirkte 1945-1952 in
der Tochtergemeinde Aich-Assach im Ennstal als evangelischer Pfarrer[125],
genau genommen: als Vikar, weil er mangels Staatsbürgerschaft auch nicht ein
Pfarramt führen konnte.
Koch war auch ein
Lyriker, er schrieb Gedichte und er konnte auch fremde Gedichte kongenial in
die deutsche Sprache übertragen. Damit hat er der ukrainischen Literatur einen
ganz großen Dienst geleistet[126].
Vergeblich bemühte er sich um seine
Rehabilitation als Universitätslehrer[127].
Erst 1952 erfolgte eine (späte) Berufung an die Hochschule für Politik nach
München, die mit dem Aufbau eines Osteuropa-Instituts verbunden war. Als
Fachmann für die Sowjet-Union konnte er im Beraterstab des Bundeskanzlers Konrad Adenauer (1876-1967) bei seinem ersten
Staatsbesuch in Moskau 1955 an der Lösung der Kriegsgefangenenfrage mitwirken[128].
Eine Berufung an die
Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität München 1958 ermöglichte ihm schließlich
eine universitäre Bilanz seiner Osteuropaforschung: zuerst aus der Perspektive
der Theologie, sodann an der Philosophischen Fakultät als Osteuropahistoriker,
schließlich unter politikwissenschaftlichem Vorzeichen. Eine Rückberufung nach
Wien zur Förderung der Osteuropa-Forschung (wir stehen unmittelbar vor der
Gründung des Österreichischen Ost- und
Südosteuropa-Instituts im Palais Pálffy am Wiener Josefsplatz) kam nicht
mehr zustande. Die philosophische Fakultät weigerte sich, ihn auf eine neu
geschaffene Stelle zu berufen, er sei als Parteigänger des untergegangenen
NS-Regimes allzu sehr kompromittiert. Eine Berufung an die
evangelisch-theologische Fakultät lehnte Koch
ab, weil sie ihm nicht die notwendige wissenschaftliche Nachwuchsförderung
ermöglicht hätte. Aber das war nur ein vorgeschobenes Argument. In Wahrheit
ging es ihm um die Genugtuung seiner Rehabilitation und Wiedereinsetzung in
seine Wiener Professur. Dazu ist es nicht gekommen. Im Personalakt hat der für die
Verhandlungen zuständige Ministerialbeamte am 28. Oktober 1958 den Satz
niedergeschrieben[129],
mit dem ich diese Erinnerung an Hans Koch
fünfzig Jahre später abschließen darf:
Nach alldem (…) kann man sich des Eindruckes nicht
erwehren, dass alles, was Prof. Koch zum Vorwurf gemacht wird, nicht auf
unehrenhaftem Verhalten und charakterlichen Mängel des Genannten eine Grundlage
findet, sondern in der nicht immer von allen Seiten richtig gewürdigten Kraft
seiner Persönlichkeit, vor der sehr oft die Furcht größer ist als die nur
ungern anerkannte überragende Fähigkeit.
Es zogen kaum fünf
Monate ins Land, da setzte in den Morgenstunden des 9. April 1959 ein
Herzinfarkt seinem Leben eine letzte Grenze. Am 12. April, einem Sonntag, wurde
er am evangelischen Friedhof in Gröbming im Ennstal bestattet.
* Vortrag auf der Kulturtagung
in Lambrecht/Pfalz 17.5.2008.
[1] Karl Schwarz, Ein Landsknecht Gottes. Zur Erinnerung
an Hans Koch (1894-1959), in: Zeitweiser der Galiziendeutschen 24 (1994) 25-38.
[2] Karl Schwarz, Von Galizien nach Wien: Ein Lebensbild
des Theologen und Dichters Franz Fischer, in: Zeitweiser der Galiziendeutschen
46 (2008) 9-18.
[3] Karl Schwarz, „Eine Fakultät für den Südosten“. Die
Evangelisch-theologische Fakultät in Wien und der „außendeutsche Protestantismus“,
in: Südostdeutsches Archiv 36/37 (1993/94) 84-120; ders., Evangelische
Theologie zwischen kultureller Nachbarschaftshilfe und volksdeutschem
„Sendungsbewusstsein“. Die Wiener Protestantisch-theologische
Lehranstalt/Fakultät und ihre Bedeutung für den Donau- und Karpatenraum, in:
Danubiana Carpathica 1 (2007) 89-112, ders., Die Wiener
Protestantisch-theologische Lehranstalt, ihre Gründung 1819/21 und ihre
Beziehung zur Zips, in: Wynfrid Kriegleder/Andrea Seidler/Jozef Tancer (Hg.),
Deutsche Sprache, Kultur und Presse in der Zips (= Presse und Geschichte. Neue
Beiträge 24, Bremen 2007) 137-153.
[4] Peter F. Barton, Das evangelische Galizien und die evangelischen
Kirchen Österreich-Ungarns und Deutschlands, in: Geist und Glaube. Eine
Gedenkschrift für Prof. Dr. Dr. Franz Fischer (1895-1975), Wien o.J., 7-17;
Oskar Wagner, Die evangelische Kirche in Schlesien, Mähren, Galizien und der
Bukowina in der Toleranzzeit, sowie deren Superintendenzen, in: Peter F. Barton
(Hg.), Im Zeichen der Toleranz. Aufsätze zur Toleranzgesetzgebung des 18.
Jahrhunderts im Reiche Joseph II. (= Studien und Texte zur Kirchengeschichte
und Geschichte II/8, Wien 1981), 276-323; Isabel Röskau-Rydel (Hg.), Galizien,
Bukowina, Moldau (= Deutsche Geschichte im Osten Europas, Berlin 1999, ²2002).
[5] Ansiedlungspatent Maria
Theresias für Galizien (1.10.1774), abgedruckt in: Fritz Seefeldt (Hg.), Quellenbuch zur deutschen
Ansiedlung in Galizien unter Joseph II. (= Ostdeutsche Forschungen 3, Plauen
1935), 19 f.
[6] Ansiedlungspatent Josephs II.
(17.9.1781), abgedruckt in: Quellenbuch zur deutschen Ansiedlung in Galizien
unter Joseph II., 21-23.
[7] Traktat vom 18.9.1773, Art. V, abgedruckt in: Quellenbuch zur deutschen
Ansiedlung in Galizien unter Joseph II., 18 – dazu: Karl Völker, Der Protestantismus
in Österreich und Polen im Ringen um seine Rechtsstellung, in: Zeitschrift für
Kirchengeschichte 53 (1934) 542-570, 564 ff.
[8] Rudolf Walloschke, Beiträge
zur Geschichte der evangelischen Pfarrgemeinden in Galizien von 1781 bis 1945,
in: Zeitweiser 21 (1980) 31-60, 33; Oskar Wagner, Die Bürde des
Toleranzpatentes. Zur Geschichte der Evangelischen Kirche in Galizien und der
Bukowina in der Toleranzzeit (1781-1861), in: Zeitweiser 22 (1981) 46-55.
[9] Karl Völker, Die Entstehung des reformierten Seniorates in Galizien, in:
Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 55 (1934)
173-178.
[10] Julius Albert Kolatschek,
Geschichte der evangelischen Gemeinde zu Biala in Galizien (Teschen 1860).
[11] Rudolf Kesselring, Die evangel[ischen] Siedlungen Galiziens im
josefinischen bis franzisceischen Zeitalter 1772-1822 (Lemberg 1912) 43 ff.
[12] Karl Völker, Die Anfänge der
evangelischen Gemeinde zu Zaleszczyki in Galizien, in: Jahrbuch für die
Geschichte des Protestantismus in Österreich 30 (1909) 157-174.
[13] Gustav Müller, Die Mennoniten
in Galizien, in: Julius Krämer (Hg.), Heimat Galizien. Ein Gedenkbuch
(Kaiserslautern-Stuttgart/Bad Cannstatt 1965, ³1988) 168-172.
[14] Heinrich Pauls, Die galizische Mennonitengemeinde.
Ein Abriß ihrer Geschichte, in: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und
die Bukowina 7 (1910) 105-107.
[15] Zit. bei: Karl Schwarz, Sie reden „fast ganz in den Ausdrücken der Bibel“:
Mennoniten in Galizien und Österreich, in: Ulrike Aichhorn/Alfred Rinnerthaler
(Hg.), Scientia Iuris et Historia. Festschrift für Peter Putzer zum 65. Geburtstag
(München 2004), 1039-1064, 1055, Anm. 40.
[16] So in einer eingehenden Denkschrift von Superintendent Friedrich Wilhelm
Stockmann an das k.k. Landespräsidium „über die beabsichtigte Beschränkung der Freiheiten
der galizischen Protestanten (27.02.1825), hrsg. von Georg Loesche, in:
Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 25 (1904)
347-363. – Dazu Wagner, Die evangelische Kirche in (…) Galizien und der
Bukowina, 317 ff.
[17] Karl W. Schwarz, Heiraten
zwischen „Geduldetwerden“ und „Versprechenmüssen“, in: Amt und Gemeinde 52
(2001) 218-226.
[18] Peter F. Barton, Extremster
Diasporaprotestantismus: Das „evangelische Galizien“ – ein Modellfall, in:
ders./Mihály Bucsay/Robert Stupperich, Brücke zwischen Kirchen und Kulturen (=
Studien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte II/1, Wien-Köln-Graz
1976), 72-79.
[19] Hans Koch, Ein
hohepriesterliches Geschlecht, in: ders., Kyr Theodor, hg. von Georg Traar
(Wien 1967) 23-51 = Hans Winfried Schäfer, Ein hohepriesterliches Geschlecht,
in: Glaube und Heimat 5 (1951) 88-100.
[20] A. Ludovicus Haan, Jena
Hungarica sive memoria Hungarorum a tribus proximis saeculis Academiae Ienensi
adscriptorum (Gyula 1858), 116.
[21] Barton, Extremster
Diasporaprotestantismus, 76.
[22] Samuel Bredeczky (Hg.),
Topographisches Taschenbuch für Ungern, auf das Jahr 1802 (Ödenburg 1802);
ders. (Hg.), Beyträge zur Topographie des Königreichs Ungarn (Wien 1803-1805);
ders. (Hg.), Neue Beyträge zur Topographie und Statistik des Koenigreichs
Ungarn (Wien 1807).
[23] Samuel Bredetzky,
Historisch-statistischer Beytrag zum deutschen Kolonial-Wesen in Europa, nebst
einer kurzen Beschreibung der deutschen Ansiedelungen in Galizien in
alphabetischer Ordnung (Brünn 1812) – zum Verfasser vgl. die zahlreichen
Einträge bei: Gertraud Marinelli-König, Ober-Ungarn (Slowakei) in den Wiener
Zeitschriften und Almanachen des Vormärz (1805-1848). Blicke auf eine
Kulturlandschaft der Vormoderne. Versuch einer kritischen Bestandsaufnahme der
Beiträge über die historische Region und ihre kulturellen Verbindungen zu Wien
(Wien 2004), 711 (Register).
[24] Samuel Bredeczky, Reisebemerkungen über Ungern und Galizien (Wien 1809)
– dazu: Jozef Tancer, Ungarns reisende Patrioten: Jakob Glatz und Samuel
Bredeczky, in: Deutsche Sprache und Kultur in der Zips, 243-256.
[25] Röskau-Rydel, 49.
[26] Zoltán Csepregi, Die Ausbildung lutherischer Pfarrer
in Ungarn. Zur Geschichte und Gegenwart der Theologischen Akademie in Budapest,
in: Lutherische Kirche in der Welt 47 (2000) 93-10; István György Tóth (Hg.),
Geschichte Ungarns (Budapest 2005), 364 ff.
[27] Othmar Feyl, Die führende Stellung der Ungarländer
in der internationalen Geistesgeschichte der Universität Jena, in: Wiss.
Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena 3 (1953/54) Gesellschafts-
und Sprachwissenschaftliche Reihe H.4/5, 399-445; ders., Exkurse zur Geschichte
der südosteuropäischen Beziehungen der Universität Jena, ebd. 4 (1954/55) H.
5/6, 399-442; Herbert Peukert, Die Slawen der Donaumonarchie und die Universität
Jena 1700-1848 (Berlin/DDR 1958).
[28] István Gémes, Hungari et Transylvani. Kárpát-medencei egyetemjárók Tübingenben (1523-1918) (Budapest 2003); Márta Fata, Studenten aus Ungarn und Siebenbürgen an der Universität Tübingen. Eine 500 Jahre lange Beziehungs- und Wirkungsgeschichte, in: dies./Gyula Kurucz/Anton Schindling (Hg.), Peregrinatio Hungarica. Studenten aus Ungarn an deutschen und österreichischen Hochschulen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert (= Contubernium 64, Stuttgart 2006), 229 ff.
[29] Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte
seit 1789 (Stuttgart 1967), Bd. I, 729.
[30] Karl-Reinhart Trauner, „... jeder möglichen Beirrung
der Gemüter vorbeugen!“ Die Metternich‘sche Repressionspolitik an den
Universitäten am Beispiel der „k.k. Protestantisch-Theologischen Lehranstalt in
Wien“, in: GDS-Archiv für Hochschul- und Studentengeschichte 3 (1996) 41-57.
[31] Rita R. Thalmann, Einige Beispiele zur Rolle der
deutschen wissenschaftlichen Institute in den Kulturbeziehungen mit Mittel- und
Südosteuropa, in: Richard Georg Plaschka/Karlheinz Mack (Hg.), Wegenetz
Europäischen Geistes (Wien 1983), 433-450; Moritz Csáky, Der Stellenwert Wiens
im Prozess des kulturellen Austauschs zwischen West- und Südosteuropa, in: ebd.
356-369, 363.
[32] Helmut Rumpler, Eine Chance
für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsverfall in der
Habsburgermonarchie (Wien 1997), 203.
[33] Eine Geschichte
der Evangelisch-theologischen Fakultät in Wien ist nach wie vor ein Desiderat –
vgl. aber die Festschrift zum 175jährigen Jubiläum mit zahlreichen
einschlägigen Beiträgen: Karl Schwarz/Falk Wagner (Hg.), Zeitenwechsel und
Beständigkeit. Beiträge zur Geschichte der Evangelisch-Theologischen Fakultät
in Wien 1821-1996 (= Schriftenreihe des Universitätsarchivs Universität Wien
10, Wien 1997).
[34] Michael Taufrath, Kurze Nachrichten über die k.k.
ev.-theologische Fakultät in Wien (Wien 1871), 52.
[35] Paul Philippi, Staatliche Einheit und gesellschaftliche Pluralität in
der Religionsgesetzgebung des Fürstentums Siebenbürgen (1974), Nachdruck in: ders.,
Land des Segens? Fragen an die Geschichte Siebenbürgens und seiner Sachsen (=
Siebenbürgisches Archiv 39, Köln-Weimar-Wien 2008) 167-186.
[36] Die Evangelisch-theologische
Fakultät in Wien, in: Protestantische Jahrbücher für Österreich 2 (1855)
575-579.
[37] Harald Zimmermann, Berühmte
Siebenbürger Sachsen in Wien (1993), Nachdruck in: ders., Siebenbürgen und
seine Hospites Theutonici (= Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens 20,
Köln-Weimar-Wien 1996) 294-299, 297.
[38] Karl Völker, Die Galizier an
der evangelisch-theologischen Fakultät in Wien, in: Gedenkbuch zur Erinnerung
an die Einwanderung der Deutschen in Galizien vor 150 Jahren (Posen 1931),
82-91.
[39] Mihály Bucsay, Der Protestantismus in Ungarn 1521-1978 (= Studien und
Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte I/3,2, Wien-Köln-Graz 1979), 86 ff.
[40] Peter Karner, Der reformierte
Lehrstuhl der evangelisch-theologischen Fakultät, in: ders. (Hg.), Die
evangelische Gemeinde H.B. in Wien. Jubiläumsschrift (= Forschungen und
Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 16, Wien 1986) 177-187, 181.
[41] Karl W. Schwarz, Von Kollár bis Kvačala. Die Wiener
Evangelisch-theologische Lehranstalt und ihre Beziehungen zur Slowakei, in: Der
Donauraum 34 (1994) 90-104; Nachdruck in: Dušan Ondrejovič (Hg.),
Evanjelická teológia na prahu nového storočia [Evangelische Theologie in
der Arbeit des neuen Jahrhunderts] (Bratislava 2001) 129-148.
[42] Karl W. Schwarz, „Ein verlassenes Stiefkind“ vor dem „Tempel der
Freiheit“. Die Wiener Protestantisch-theologische Lehranstalt im Frühjahr 1848,
in: Mensch-Wissenschaft-Magie. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft
für Wissenschaftsgeschichte 25 (2007) 145-160.
[43] Gustav Reingrabner,
Geschichtsmächtigkeit und Geduld. Probleme um die Eingliederung der
evangelisch-theologischen Fakultät in die Universität Wien, in: Zeitenwechsel
und Beständigkeit, 99-119.
[44] Theodor Haase, Die sechste
Generalsynode der ev. Kirche A.B. (1895) (Wien 1898) 155-158, 156.
[45] Harald Baumgartner,
Verzeichnis der Promotionen und Habilitationen an der Evangelisch-Theologischen
Fakultät der Universität Wien, in: Zeitenwechsel und Beständigkeit, 515-530.
[46] Franz Fischer, Evangelischer
Religionsunterricht im Umbruch (Frankfurt/M. 1940). – Dazu Schwarz, Von
Galizien nach Wien, 15 ff.
[47] Rudolf Kesselring, Die Einigungsbestrebungen der Evangelischen Kirchen
in Polen (Lwów o.J. [1926]).
[48] Hans Koch, Die russische
Orthodoxie im Petrinischen Zeitalter. Ein Beitrag zur Geschichte westlicher
Einflüsse auf das ostslavische Denken (Breslau-Oppeln 1929).
[49] Herbert Krimm, Die Agende der
niederösterreichischen Stände vom Jahre 1571, in: Jahrbuch für die Geschichte
des Protestantismus in Österreich 55 (1934) 3-64; 56 (1935) 52-87; 57 (1936)
51-70.
[50] Karl Völker, Toleranz und
Intoleranz im Zeitalter der Reformation (Leipzig 1912).
[51] Martin Hennig, Die evangelisch-lutherische Kirche in Polnisch-Wolhynien.
Ihre Geschichte, die Form ihres Dienstes und die Äußerungen ihrer Frömmigkeit
(Leipzig 1933).
[52] Karl Völker, Der
Protestantismus in Polen auf Grund der einheimischen Geschichtsschreibung dargestellt
(Leipzig 1912) – dazu Rudolf Leeb, Zum wissenschaftlichen Profil der an der
Fakultät lehrenden Kirchenhistoriker und zur österreichischen evangelischen
Protestantengeschichtsschreibung, in: Zeitenwechsel und Beständigkeit, 13-48,
24 ff.
[53] Maschinschriftliche Habilitationsschrift (Wien 1929):
Ein Exemplar ist in der Fakultätsbibliothek mit der Signatur Sk 52.15 vorhanden
– Dazu Karl Schwarz, „Haus in der Zeit“. Die Fakultät
in den Wirrnissen dieses Jahrhunderts, in: Zeitenwechsel und Beständigkeit, 125-204, 141 ff.; Rudolf
Leeb, ebd. 27 ff.
[54] Schwarz, „Haus in der Zeit“, 149.
[55] Zagreb 5.11.1932: Bischof Philipp Popp; Gablonz a.d. Neiße 7.3.1933:
Kirchenpräsident D. Erich Wehrenfennig – zit. bei Schwarz, „Haus in der Zeit“,
ebd.
[56] Karl W. Schwarz, „Unter dem Gesetz der Diaspora“. Das
Diasporaverständnis des österreichischen Theologen Gerhard May zwischen
politischer Konjunktur und theologischer Metaphorik, in: Kirche und Diaspora –
Erfahrungen und Einsichten (= Quellen und Forschungen zur Diasporawissenschaft
3, Leipzig 2006), 9-40.
[57] Gerhard May, Die volksdeutsche Sendung der Kirche (Göttingen 1934).
[58] Oskar Wagner, Galiziendeutsche als Universitätsprofessoren, 245 ff.;
Harald Kruska, Die Christliche Theologische Akademie in Warschau, in: Theologia
Viatorum 7 (1959/60) 120-129, 122.
[59] Rudolf Kesselring, Die evangelischen Siedlungen Galiziens im
josefinischen und franziszeischen Zeitalter, (phil. Diss. Czernowitz 1909),
veröffentlicht 1912; Evangelische Kirchengemeinde Lemberg 1778-1928 (Lemberg
1929) - dazu Erich Müller, Kesselrings „Evangelische Kirchengemeinde Lemberg
1778-1928“, in: Zeitweiser 35 (1997) 125-149; Humanismus und Reformation in
Polen (1927); Neu-Sandetz und das Neu-Sandetzer Land. Ihre deutsche
Vergangenheit und Aufbauarbeit 1230-1940 (1941).
[60] Alfred Kleindienst/Oskar
Wagner, Der Protestantismus in der Republik Polen 1918/19 bis 1939 im
Spannungsfeld von Nationalitätenpolitik und Staatskirchenrecht, kirchlicher und
nationaler Gegensätze (= Marburger Ostforschungen 42, Marburg/Lahn 1985), 123.
[61] Studentenstatistik 1931-1945
(nach Herkunftsländern) bei Schwarz, „Eine Fakultät für den Südosten“, 96.
[62] Wagner, Galiziendeutsche als
Universitätsprofessoren, 240 ff.
[63] Wilhelm Pratscher, Rudolf
Knopf als Exeget, in: Zeitenwechsel und Beständigkeit, 277-293
[64] Gedruckt Posen 1929.
[65] Allgemeine kirchliche Zeitschrift 4 (1863) 456-463,
460.
[66] Julius Albert Kolatschek, Geschichte der evangelischen Gemeinde zu Biala
in Galizien (Teschen 1860); ders., Die evangelische Kirche Österreichs in den
deutschslawischen Ländern (Wien 1869).
[67] Herbert Patzelt, Geschichte
der Evangelischen Kirche in Österreichisch-Schlesien (= Schriften der Stiftung
Haus Oberschlesien 5, Dülmen 1989), 183 ff.
[68] Patzelt, 183.
[69] Paul Dedic, Karl Völker zum Gedächtnis, in: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 59 (1938) 1-14 (mit Bibliographie); Wagner, Galiziendeutsche als Universitätsprofessoren, 240 ff.; Rudolf Leeb, Zum wissenschaftlichen Profil der an der Fakultät lehrenden Kirchenhistoriker und zur österreichischen evangelischen Protestantengeschichtsschreibung, in: Zeitenwechsel und Beständigkeit, 13-48, 24 ff.
[70] Der Protestantismus in Polen auf Grund der einheimischen
Geschichtsschreibung (Leipzig 1910).
[71] Herbert Krimm/Ernst Hofhansl,
90 Jahre Wiener Theologenheim, in: Glaube und Heimat 1991, 68-77.
[72] Ernst Hofhansl, Non enim
satis est literas discere. Die Wiener Professoren Skalský, Völker und Entz als
Lehrer der Praktischen Theologie von 1895-1955, in: Zeitenwechsel und
Beständigkeit, 487-512, 495 ff.
[73] Bernhard Hans Zimmermann, Zum
100. Geburtstag von Roland A.B. Steinacker (1870-1962), in: Südostdeutsches
Archiv 13 (1970) 227-232.
[74] Leeb, Zum wissenschaftlichen Profil, 31 ff.
[75] Mathias Wolfes, Herbert
Krimm, in: BBKL XXV (2005) Sp. 739-750.
[76] Christian Weise, Oskar Wagner, in: BBKL XIII (1998)
Sp. 151-159.
[77] Ebd. 152; vgl. Peter F. Barton, Das „Institut für protestantische
Kirchengeschichte Wien“, in: Brücke zwischen Kirchen und Kulturen, 80-89; Karl
W. Schwarz, Das Institut für Kirchengeschichte des Donau- und Karpatenraumes an
der Comenius-Universität Pressburg/Bratislava, in: Beiträge zur ostdeutschen
Kirchengeschichte 7 (2005) 236-245.
[78] Oskar Wagner, Mutterkirche
vieler Länder. Geschichte der Evangelischen Kirche im Herzogtum Teschen
1545-1918/20 (= Studien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte I/4,
Wien-Köln-Graz 1978).
[79] Oskar Wagner, Zwischen
Völkern, Staaten und Kirchen. Zur Geschichte des Protestantismus in
Ostmitteleuropa (Berlin-Bonn 1986).
[80] Weise, ebd. 153.
[81] Hans Beyer, Viktor Glondys 1882-1949. Ein Beitrag
zur Geistes- und Kirchengeschichte des Südostdeutschtums zwischen den beiden
Weltkriegen, in: Festschrift für Balduin Saria zum 70. Geburtstag (München
1964), 408-438; Johann Böhm, D. Dr. Viktor Glondys (1882-1949). Sein Wirken als
Bischof der evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien von 1932 bis 1941, in:
Beiträge zur ostdeutschen Kirchengeschichte 7 (2005) 147-175.
[82] Karl-Reinhart Trauner, Die Los-von-Rom-Bewegung. Gesellschaftspolitische
und kirchliche Strömung in der ausgehenden Habsburgermonarchie (Szentendre
1999).
[83] Kurt Rein, Czernowitz und die
Deutschen, in: Harald Heppner (Hg.), Czernowitz. Die Geschichte einer
ungewöhnlichen Stadt (Köln-Weimar-Wien 2000), 81-101, 99.
[84] Victor Glondys, Die Lehre Spinozas von der All-Einheit (phil. Diss. Graz
1916).
[85] Ekkehart Lebouton, Der ökumenische Geist an der Czernowitzer
Universität, in: Rudolf Wagner (Hg.), Alma Mater Francisco Josephina. Die
deutschsprachige Nationalitätenuniversität in Czernowitz. Festschrift zum 100. Geburtstag
ihrer Eröffnung 1875 (München 1975), 136-144.
[86] Viktor Glondys, Die deutsche Universität in Czernowitz, in: Ostland 2
(1919/20) H. 2, 66-71.
[87] Viktor Glondys, Evangelisches
Deutschtum in Großrumänien, in: Ernst Schubert (Hg.), Jahrbuch Auslanddeutschtum
und evangelische Kirche. (München 1932), 148-164.
[88] Konrad Gündisch, Siebenbürgen und seine Siebenbürger Sachsen (München
1998) 295.
[89] Ulrich Andreas Wien, in: RGG 4. Aufl. Bd. III (2000), Sp. 1010 f.
[90] Ulrich Andreas Wien,
Kirchenleitung über dem Abgrund. Bischof Friedrich Müller vor den
Herausforderungen durch Minderheitenexistenz, Nationalsozialismus und
Kommunismus (= Studia Transylvanica 25, Köln-Weimar-Wien 1998), 216.
[91] Viktor Glondys, Tagebuch.
Aufzeichnungen von 1933 bis 1949, hrsg. von Johann Böhm und Dieter Braeg,
bearbeitet von Johann Böhm (= Publikationen des Arbeitskreises für Geschichte
und Kultur der deutschen Siedlungsgebiete im Südosten Europas I/5, Dinklage
1997), 231 f. – Zu dieser Edition vgl. auch Ulrich Andreas Wien, in: Zeitschrift
für Siebenbürgische Landeskunde 20 (1997) 202-210; Karl Schwarz, in: Jahrbuch
für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 115 (1999) 251-255.
[92] Hans Koch, Die Dame in Grau. Aus den Papieren eines
Spätheimkehrers 1921, In: Zeitweiser 1957, 85-90, 89.
[93] Hans Koch, Pfälzisches Volksdeutschtum und
Evangelische Kirche, in: Ernst Schubert (Hg.), Jahrbuch Auslanddeutschtum und
evangelische Kirche (München 1938), 84-166; ders., Evangelische Pfälzer im
Osten: Aufstieg und Untergang, in: Südostdeutsche Heimatblätter 2 (1953) 9-15.
[94] Biographische Hinweise bei
Alexander Adamczyk (Hg.), Hans Koch zum Gedenken (München 1959) – mit einem
ausgezeichneten Nachruf von Günther Stökl; Oskar Wagner, In memoriam Hans Koch,
in: Kyrios N.F. 1 (1960/61) 5-10; Georg
Traar, Eine Wolke von Zeugen (Wien 1974), 302-305; Karl Schwarz, Hans Koch
(1894-1959) – ein Landsknecht Gottes aus Osteuropa, in: Reinhart Waneck (Hg.),
Wartburg-Argumente H.3 (Wien 1995) 37-63; zuletzt Andreas Kappeler, Hans Koch (1894-1959), in: Arnold
Suppan/Marija Wakounig/Georg Kastner (Hg.), Osteuropäische Geschichte in Wien.
100 Jahre Forschung und Lehre an der Universität (Innsbruck 2007) 227-254.
[95] Peter F. Barton, Christentum
und Kirchen in Südostmitteleuropa (Hannover 1975), 21.
[96] Hans Koch, Die „Wartburg“ in
Wien, in: Die evangelische Diaspora 17 (1935) 198-206.
[97] Karl-Reinhart Trauner, Vom
Hörsaal in den Schützengraben. Evangelische Theologiestudenten im Ersten
Weltkrieg (Szentendre 2004), 123 ff. An dem Beschluss der Hörerschaft
(26.11.1914) selbst nahm Koch nicht teil.
[98] Viktor Wagner, Unsere
Siedlungen im Ersten Weltkrieg, in: Heimat Galizien, 101-107.
[99] Hans Koch,
Lebenslauf (Rigorosenakten), zit. bei Kappeler,
Koch, 229.
[100] Im Archiv des Osteuropa-Instituts München liegt ein
masch. Manuskript mit deutscher Übersetzung, das mir freundlicherweise durch
Prof. Erich Müller/Berlin in Ablichtung zugegangen ist.
[101] V. Lassovskyj,
General Taranavskyj. Reportage [ukrainisch] (Lemberg 1935), 123 f.
[102] Kappeler, Koch,
229 f.
[103] Sie ist erst
posthum im Druck erschienen, in: Hans Koch, Kleine Schriften zur Kirchen- und
Geistesgeschichte Osteuropas (Wiesbaden 1962), 42-107.
[104] Gustav
Reingrabner, Sechzig Jahre Evang. Presseverband in Österreich, in: Glaube und
Heimat 1985, 43-51.
[105] Hans Koch, Kyr
Theodor und andere Geschichten, hrsg. von Georg Traar (Wien 1967), 5 ff. – auch
abgedruckt in: Hans Strohal (Hg.), D. Theodor Zöckler. Zum 100. Geburtstag von
Vater Zöckler (Stuttgart 1967), 86 ff.
[106] Rudolf Wagner, Die ukrainisch-protestantische Bewegung
in Ost-Galizien (phil. Diss. Marburg 1942); Oskar Wagner, Die evangelische
Bewegung unter den Ukrainern (1924-1948) (1960), Nachdruck in: ders., Zwischen
Völkern, Staaten und Kirchen, 171-224.
[107] Hans Koch, Über ukrainischen Protestantismus, in: Die
evangelische Diaspora 8 (1926) 17-30; ebd. 13 (1931) 102-110; ders., Die
Ukraine, in: Zeitwende 5 (1929) 60-71.158-162; ders. Ukraine und
Protestantismus, in: Ostdeutsche Wissenschaft 1 (1954) 45-68.
[108] C. Erasmus
Zöckler, Ein Leben für die Kinder. Theodor Zöckler und Lillie Zöckler. Das
Bethel des Ostens (Bergisch Gladbach 2005) 310 ff.
[109] Martin Burkert, Die Ostwissenschaften im Dritten
Reich I: Zwischen Verbot und Duldung. Die schwierige Gratwanderung der
Ostwissenschaften zwischen 1933 und 1939 (= Forschungen zur osteuropäischen
Geschichte 55, Wiesbaden 2000), 218 ff.
[110] Kappeler, Koch, 240 ff.
[111] Walter
Leitsch/Manfred Stoy, Das Seminar für osteuropäische Geschichte der Universität
Wien 1907-1948 (Wien-Köln-Graz 1983), 187; Kappeler, Koch, 240 f.
[112] Hans Koch,
Tagebuchaufzeichnungen über die Umsiedlung der Deutschen aus Ostgalizien, in:
Aufbruch und Neubeginn. Heimatbuch der Galiziendeutschen II. Teil
(Stuttgart/Bad Cannstatt 1977), 181-196; Sepp Müller, Die Umsiedlung der
Galiziendeutschen 1939/40, in: Ostdeutsche Wissenschaft 7 (1960) [=
Gedenkschrift für Hans Koch] 341-354.
[113] Hans Koch, Die
Hand am Pflug, in: Heimat Galizien II, 219-221.
[114] Sepp Müller, ebd.
348 ff.
[115] Kappeler, Koch,
243 Anm. 47 – mit Hinweis auf eine Mitteilung des Verfassers.
[116] Hans Koch, Die
orthodoxe Kirche des Ostens (…) 1936, in: Osteuropa 12 (1937) 493-502, 499 ff.
[117] Hans Koch, Bericht
als Leiter des Osteuropa-Instituts Breslau über den Zeitraum 1. Oktober 1937
bis 31. März 1940 (begonnen vor Stalingrad, Ende November 1942, abgeschlossen
im Lazarett, Mitte Januar 1943), in: Jahrbuch des Osteuropa-Instituts 1942.
[118] Schwarz, „Haus in
der Zeit“, 191.
[119] Kappeler, Koch,
243
[120] Frank Grelka, Die
ukrainische Nationalbewegung unter deutscher Besatzungsherrschaft 1918 und
1941/42 (Wiesbaden 2005), 153.
[121] Alexander Dallin,
Deutsche Herrschaft in Russland 1941-1945 (Düsseldorf 1958) 129 ff.; 528; Peter
Kleist, Zwischen Hitler und Stalin 1939-1945 (Bonn 1950) 180 f.
[122] Gerhard Kegel, In
den Stürmen unseres Jahrhunderts. Ein deutscher Kommunist über sein
ungewöhnliches Leben (Berlin/DDR 1987), 306-312.
[123] Frdl. Hinweis von
Prof. Dr.med. Erasmus Zöckler, Lambrecht/Pfalz am 7.5.2004.
[124] Hans Koch, Dienstliche Meldung über mein
Mitgliedsverhältnis zu der ehemaligen NSDAP (Aich-Assach 1945) – Nachlass Koch,
Galiziendeutsches Heimatarchiv im Institut für pfälzische Geschichte und
Volkskunde in Kaiserslautern. Für die Überlassung von Kopien sei auch an dieser
Stelle Herrn Prof. Erich Müller/Berlin sehr herzlich gedankt.
[125] Leopold Achberger, Hans Koch zum Abschied, in:
Kirchenbote für die ev. Gemeinden 1953, 16; ders., Nachruf, in: Amt und
Gemeinde 10 (1959) 42; Herbert Rampler, Evangelische Pfarrer und Pfarrerinnen
der Steiermark seit dem Toleranzpatent (Forschungen zur geschichtlichen
Landeskunde der Steiermark 40, Graz 1998), 384 ff.
[126] Hans Koch (Hg.), Die ukrainische Lyrik 1840-1940.
Ausgewählt und übertragen von Hans Koch (Wiesbaden 1955).
[127] Corinna R. Unger, Ostforschung in Westdeutschland.
Die Erforschung des europäischen Ostens und die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(1945-1975) (= Studien zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1,
Stuttgart 2007) – frdl. Hinweis von Dr. Wolfgang Kessler/Herne.
[128] Hans Koch, Die deutsch-sowjetische Konferenz von
Moskau im September 155 (Konstanz 1956).
[129] Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der
Republik, Bestand Unterrichtsministerium, Personalakt 99. GZ. 97352/58.